Rot-roter Fatalismus

Die Berliner Studenten verdienen allen Respekt. Und ihre Lehrer ebenso. Mit welcher Entschlossenheit, Fantasie und Klugheit sie ihre Protestaktionen in die Öffentlichkeit tragen, ist beachtlich. Jeder Erfolg ist ihnen zu wünschen. Diese jungen Leute sind lernwillig und leistungsbereit. Dabei fühlen sie sich von Staats wegen hintergangen. Bildung hat Priorität? Als Lüge entlarvt. Keine Studiengebühren? Mit Einschreibgebühren von 100 Mark fing die große Koalition an, heute kassiert Rot-Rot 80 Euro (zur Erinnerung: 160 Mark) pro Semester. Dafür, fürs Studium, Leben und Wohnen müssen die meisten Studenten jobben. Trotzdem liegt es in den seltensten Fällen an ihnen, wenn sie die Regelstudienzeit nicht einhalten können. Übervolle Hörsäle und Seminare, überalterte Bibliotheksbestände, ausnahmslos einen Termin beim Prof., sonst ist wieder ein Jahr verloren... Die Studienbedingungen sind oft eine Katastrophe. Und doch gehen die streikenden Studenten nicht aus egoistischen Gründen auf die Straße. Ganze Wissenschaftsbereiche sollen »eingespart« werden. Wo heute schon an der Zukunft »gespart« wird, spart man sich demnächst die Zukunft gleich ganz. Politik, die sehenden Auges eine solche Entwicklung zulässt und gar weiter betreibt, hat den Horizont eines Kleinkrämers mit der Tageskasse. Berlin sollte stolz sein, dass es junge Menschen zum Studium hierher zieht. Mit diesem Pfund kann, sollte die Hauptstadt wuchern. Der Ansatz von Wissenschaftssenator Flierl, dass der Bildungs-Export von Berlin in andere Bundesländer von diesen mitfinanziert werden sollte, ist so richtig wie alt. Getan hat sich allerdings nichts. Nicht der Frage würdig ist die Argumentation des Senators, das »Sparen« an den Unis sei eine »Frage der Gerechtigkeit«. Gerecht? Was ist denn daran gerecht, der Jugend, der Gesellschaft die Zukunft zu verbauen? Diese rot-rote Alternativlosigkeit ist so fatal wie fatal...

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