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  • Ausschreitungen in Israel richten sich gegen Friedensabkommen mit der PLO

Hamas und Siedler ziehen an einem Strang

  • HANS LEBRECHT, Tel Aviv
  • Lesedauer: 3 Min.

Karikatur: Harald Kretzschmar

Während im ägyptischen Taba Israels Regierung und die PLO über die konkrete Umsetzung des Gaza-Jericho-Abkommens verhandeln, gehen dessen Gegner in die Offensive. Nach Auffindung der Leiche eines von Hamas-Aktivisten ermordeten Siedlers versammelten sich am Wochenende im Westjordanland tausende, zum Teil schwerbewaffnete Kolonisten der rechtsradikalen Gush-Emunim-Bewegung. Dutzende von Zufahrtstraßen zu arabischen Dörfern wurden verbarrikadiert, Autos mit blauen Zulassungsschildern -Vl^nnzeichen für palästinensische Besitzer,- mit Steinen beworfen, einige angezündet. Praktisch die gesamte Straße

von Jerusalem nach Nablus war vorübergehend gesperrt.

Doch damit nicht genug: Einige hundert Rechtsradikale aus der „Siedlerszene“ drangen in der Nacht zum Sonntag in mehrere palästinensische Städte und Dörfer ein, schössen um sich und verwüsteten über 100 Häuser, während Polizei und Militär zusahen und zumeist nur „Warnungen“ über Lautsprecher durchgaben. „Das ist der Beginn der jüdischen Intifada“ - erklärten radikale Gush-Emunim-Siedler.

Erst nach dem Eintreffen von Verstärkung ; räumten ( 4sraelische Sicherheitskräfte die Straßenbarrikaden und drängten die Demonstranten

ab, wobei 30 Siedler vorübergehend verhaftet wurden. Palästinensische Autos leitete man auf sichere Straßen.

Vor der Wohnung von Premierminister Yitzhak Rabin in einer Vorstadt von Tel Aviv forderten einige hundert rechtsradikale Jugendliche die Einstellung der Entlassung von palästinensischen Gefangenen und den Rücktritt den „verräterischen Regierung“, die Israel „an die PLO-Terroristen ausliefere“. Rabin konterte verbal: „Schüsse auf Juden und Pogrome gegen Palästinenser sind Anschläge auf den Friedensprozeß, dessen Ziel es ist, das gegenseitige Blutvergießen zu beenden.“ Radikalen - auf beiden Seiten

kleine Minderheiten unter ihren Völkern - werde es nicht gelingen, die Verhandlungen zum Stillstand zu bringen. Auch der palästinensische Unterhändler Faisal el-Husseini verurteilte den Mord an dem Siedler und die Pogrome gegen Palästinenser, die absolut nichts mit dem Mord zu tun gehabt hätten.

Der Sprecher der aus der KP hervorgegangenen Palästinensischen Volkspartei (PVP), Ghazan el-Khatib, machte sowohl die Hamas-Anführer als auch Radikale unter den Siedlern dafür verantwortlich. Objektiv betrachtet, ziehen sie bei der Torpedierung des Friedensprozesses am gleichen Strang.

Menschen zu erniedrigen, der ihm nicht zu Willen ist. Dieses Barbarentum wird im Strafvollzug als Bagatelle behandelt. Warum? Weil dieses erbärmliche Wesen in einem weiter zurückliegenden Akt des Auf-Sich-Aufmerksam-Machens politisch interpretiert wurde? Seit 1989 aber ist klar, daß hier ein Kranker zum „Helden“ stilisiert wurde. Daß jener Wahnsinnige noch bestärkt wird, das ist ein gesellschaftlicher und der eigentliche Skandal, das liegt in der Verantwortung der Journaille, zu der ich auch den Autor rechnen muß. Hätte Hans-Dieter Schutt so einen launigen Artikel geschrieben, wenn seine Frau oder seine Tochter Ziel der Attacke gewesen wären, hätte er es mit „sich über die Dinge zu erheben, erst das macht heiter und gelassen“ kommentiert, wenn er selbst das Messer gespürt hätte? Ist ihm das menschliche Mitgefühl abhanden gekommen? Handelt es sich um professionelle Unfähigkeit?

I. Ramisch, 12524 Berlin

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