nd-aktuell.de / 02.11.1993 / Politik / Seite 6

Keine Karabach-Lösung in Sicht

Baku (dpa/ND). Bei der vor gut einer Woche von armenischen Truppen aus Nagorny Karabach gestarteten Offensive haben die Armenier weite Teile der früheren Sowjetrepublik Aserbaidshan erobert und Zehntausende von Aseris in die Flucht getrieben. Schätzungsweise 50 000 bis 70 000 aserische Zivilisten haben sich seitdem in Iran in Sicherheit gebracht.

Das ganze Ausmaß dieser Flüchtlingstragodie zeigt sich bei der Grenzstadt Imischli, über die Zehntausende der geflüchteten Aseris wieder den Weg zurück nach Aserbaidshan suchen* Die Iraner haben die Grenze für die Aseris geöffnet.

Die Armenier hatten ihre Offensive in zwei Richtungen.vorgetragen. Bei einem Vorstoß südlich von Karabach erobertenisie die Städte

Sengilan und Tschebrajil und gewannen damit die Kontrolle über die Grenze zwischen Aserbaidshan und Iran. Beim zweiten Vorstoß, etwa 25 Kilometer östlich von Karabach, brachten sie eine ganze Reihe aserischer Dörfer in ihre Hand. Damit kontrollieren sie jetzt rund 20 Prozent aserbaidshanischen Territoriums.

Auf der aserischen Seite wird ein weiterer Ansturm der Armenier derzeit offenbar nicht erwartet. Im Hauptquartier der Aseris in dem Dorf Behmenli sitzen mehrere Dutzend Soldaten locker herum, nur fünf Kilometer von den armenischen Positionen entfernt. Panzer sind nicht zu sehen, aber mobile Raketenwerfer sind etwa zehn Kilometer hinter der Front in einer Schlucht stationiert.

Aserbaidshan und Armenien führen seit fünf Jahren einen Krieg um Nagorny Karabach. Dabei haben die besser organisierten und motivierten Karabach-Armenier die Aseris immer wieder zurückschlagen können. Seit April dieses Jahres konnten die Armenier auch mehr und mehr Territorium außerhalb der Karabach-Grenzen erobern. Die jüngste Offensive galt einem aserischen Restgebiet, das armenische Nationalisten aus historischen Gründen für sich beanspruchen, obwohl heute kaum mehr Armenier dort leben. In Karabach selbst leben nur etwa 200 000 Menschen, in Aserbaidshan über sieben Millionen. Die Karabach-Armenier werden bei ihrem Kampf von Armenien aus mit.J^ejw.iUigöL.und militärischer Ausrüstung massiv unterstütz