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  • Politik
  • Aufhebung des arabischen Wirtschaftsboykotts gegen ISRAEL auf der Tagesordnung

Faustpfand bei Nahost-Verhandlungen

  • JULIANE JUST
  • Lesedauer: 3 Min.

ND-Karte: Wolfgang Wegener

Der Generalsekretär des Kooperationsrates der Scheichtümer am Persischen Golf, Fahem al-Qassimi, hat die arabischen Staaten aufgefordert, am Wirtschaftsboykott gegen Israel festzuhalten - zumindest solange es keine Fortschritte „an der libanesischen und syrischen Front“ gebe. Dennoch steht seit der Unterzeichnung des Gaza-Jericho-Abkommens auch die Frage, wann der arabische Wirtschaftsboykott gegen Israel aufgehoben wird, auf der Tagesordnung.

Schon Anfang Oktober verständigten sich Außenminister Shimon Peres und der jordanische Kronprinz Hassan auf die Gründung einer bilateralen Kommission für Handel und Entwicklung. Geradezu sensationell wirkte ein Presseinterview des syrischen Wirtschaftsministers Mohammad Imadi, in dem dieser großes Interesse an einer Kooperation mit dem bislang verfeindeten Nachbarn bekundete. Und das,, obwohl sich politisch zwischen Damaskus und Jerusalem nicht viel zu bewegen scheint. Imadis Offenbarung war wiederum Wasser auf die Mühlen der Kuweitis, die spätestens seit dem Golfkrieg

nach dem Sinn des Boykotts fragen.

Würden die arabischen Staaten jetzt die Handelssperre lockern, wäre das ohnehin nur eine Legalisierung von Geschäften, die seit langem inoffiziell blühen. Auf eine Milliarde Dollar im Jahr schätzt Prof. Gad Gilbar vom Zentrum für Nahost-Studien der Universität Tel Aviv den Wert israelischer Exporte in die arabische Welt. Nach seinen Angaben werden seit Jahren Bewässerungssysteme,

Ein endgültiges Niederreißen der Schranken ist allerdings noch nicht in Sicht. Die Israel betreffenden Resolutionen der Arabischen Liga werden in der Regel mit der Zustimmung aller Mitglieder verabschiedet, also zum Beispiel auch mit dem Ja Iraks. Ein schneller Beschluß ist deshalb kaum zu erwarten, was durchaus im Interesse Syriens, Libanons und Jordaniens liegt. Die Staaten, die neben der PLO direkte Friedensgespräche mit Israel führen, wollen sich nämlich die offizielle Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen als Faustpfand für die territorialen Fragen aufheben. Jacob Frenkel, der Chef der Bank of Israel, spricht von einem „bargaining chip“ in den Händen der Unterhändler.

Gegen einen Durchbruch spricht auch die Furcht der arabischen Staaten, daß ihre Märkte plötzlich von den besseren und mitunter billigeren

Waren aus Israel überschwemmt werden. Begrenzter, kontrollierter Austausch liegt in ihrem Interesse, ein freies Spiel der Kräfte jedoch nicht. Deshalb sagt selbst der kooperationswillige Kronprinz Hassan, die Aufhebung des Embargos wäre aus arabischer Sicht „ökonomischer Selbstmord“.

Der Boykott der Arabischen Liga, der seit der Gründung des Staates Israel in Kraft ist, soll direkte Geschäfte der Mitgliedsstaaten mit dem jüdischen Nachbarland unterbinden. Außerdem, und das ist noch gravierender, bestraft es internationale Firmen, die eng mit Israel zusammenarbeiten. Angesichts der lockenden Petrodollars vom Golf war es vor allem in den siebziger und achtziger Jahren ein Alptraum für große Unternehmen, auf die schwarze Liste des Boykottkomitees der Liga gesetzt zu werden. Coca-Cola beispielsweise mußte den lukrativen arabischen Markt lange Zeit ganz dem Konkurrenten Pepsi überlassen. Vor zwei Jahren wurde Coca-Cola jedoch für „unschuldig“ erklärt und durfte Filialen zwischen Beirut und Riad eröffnen. Seitdem wartet man gespannt auf weitere Signale.

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