Der Humor Argentiniens

Projekt liquidacion.org

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.
Evita Perón, »Paris des Südens«, Gauchos, Rinderherden, Diego Maradona? Seit Herbst 2001 haben wir ein neues Arsenal von Argentinien-Bildern kennen gelernt: Hausfrauen, die in Massen auf ihre Kochtöpfe schlagen, Arbeitslose, die mit Barrikaden Straßen blockieren oder stillgelegte Fabriken besetzen, sozial abgestürzte »Cartoneros«, die verwertbare Pappen aus dem Müll der Städte ziehen. Argentinien ist heute das Land, in dem man alte Geldscheine auf dem Müll finden kann; es ist die Gesellschaft, die sich bis vor kurzem allabendlich eine Fernsehshow ansah, deren Gewinner noch im Studio einen Arbeitsvertrag unterzeichnen durften. Der niederländische Künstler Matthijs de Bruijne lebt seit einigen Jahren in der argentinischen Hauptstadt. Die Vorgänge im Land, sagt er, sind nur schwer zu begreifen. Verstanden hat er aber, was die Leute als erstes brauchen: Geld. Und zwar in Form von Devisen. Auf seiner Internet-Seite »liquidacion.org« und auf Vierfarbprospekten bietet er an, was auf dem Müll zu finden ist: Monsterpuppen aus Plastik für 35 Dollar, alte Bierdeckel für 30 Dollar, eine leicht beschädigte Blumenvase für 20 oder ein alter Diaprojektor für 50 Dollar. Dies sei Kunst, weil er ein Künstler sei, lacht de Bruijne. Vielleicht besteht die Kunst auch im Zynismus der Aktion, der den Zynismus der Krise des peripheren argentinischen Kapitalismus spiegelt, vielleicht in der schieren Unverschämtheit der Preise für den angebotenen Müll einer zunächst einmal verschwundenen Wohlstandsgesellschaft. Vielleicht auch im Widerspruch zwischen der hippen Darreichungsform des »e-commerce« und der alltäglich gelebten Tristesse der Cartoneros. De Bruijnes Provokation wird im März 2004 im Kölner »Museum Ludwig« zu sehen sein - als Teil der Ausstellung »ExArgentina«, die Formen künstlerischen Umgangs mit der Krise dokumentieren soll.
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