Chefarztbehandlung: Vertreter-Klauseln im Wahlleistungsvertrag sind unwirksam

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Nur der beste Arzt sollte ihn behandeln. Damit sich der ärztliche Direktor selbst um ihn kümmerte, unterschrieb ein Patient in einem Krankenhaus einen Wahlleistungsvertrag. Nach zwei Klinikaufenthalten kam eine dicke Rechnung des Chefarztes - nur: der hatte den Mann überhaupt nicht gesehen, sondern Kollegen geschickt. Der Patient weigerte sich, das Chefarzt-Honorar zu begleichen, zahlte nur die Krankenhausrechnung. Doch der Arzt hielt seine Forderung für berechtigt und pochte auf den Vertrag, der im Kleingedruckten einige tückische Klauseln enthielt. So sollte die Vereinbarung über wahlärztliche Behandlung nicht nur für den Chefarzt, sondern für mehrere Ärzte des Krankenhauses gelten. Sechs Oberärzte wurden aufgeführt, die den Direktor vertreten dürften. So war der Chefarzt letztlich gar nicht verpflichtet, die »ärztlichen Leistungen selbst zu erbringen«. Und der Patient hatte das alles unterschrieben. Das Landgericht Konstanz erklärte die Klauseln und den Wahlleistungsvertrag insgesamt für unwirksam. Ein Wahlleistungsvertrag dürfe sich nur auf Mediziner beziehen, die berechtigt seien, gesondert abzurechnen, also in der Regel auf Chefärzte. Alle anderen ärztlichen Leistungen decke der normale Krankenhauspflegesatz ab, und den habe der Patient bezahlt. Außerdem dürfe der ärztliche Direktor höchstens einen Stellvertreter benennen, der einspringen könne, wenn der Direktor tatsächlich verhindert sei. Eine Vertreterklausel, die prinzipiell persönliche Bemühungen des Chefarztes überflüssig mache, sei dagegen unzulässig. Mit einem Wahlleistungsvertrag wolle sich der Patient die persönliche Behandlung des (aus seiner Sicht) qualifiziertesten Arztes »erkaufen«. Also müsse er auch nur dafür ein besonderes Honorar zahlen. Urteil des Landgerichts Konstanz vom 9. Oktober 2002 - 2 0 58/02 A
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