nd-aktuell.de / 03.12.2003 / Wirtschaft und Umwelt

Steueroase in Friesland trocknet aus

Firmen ziehen aus Norderfriedrichskoog ab

Norderfriedrichskoog (dpa). Noch sind in der nordfriesischen Gemeinde Norderfriedrichskoog zehn Mal so viele Firmen wie Einwohner beheimatet - rund 460 an der Zahl. Allein die Lufthansa ist in dem als Steueroase bekannt gewordenen Dörfchen zwischen Husum und St.-Peter-Ording mit 20 Beteiligungsgesellschaften vertreten. Da der Gesetzgeber nach und nach bestehende Steuerschlupflöcher schließt, könnten sich die Unternehmen schon bald wieder aus dem Ort verabschieden - und damit auch die Mieteinnahmen für die Bewohner. »Auf meinem Hof habe ich Räume an zehn Firmen vermietet. Wenn die gehen, würde das ganz schon ins Kontor schlagen«, erzählt Norderfriedrichskoogs Bürgermeister Hinrich Thiesen. Nur noch 8 der 13 Bauernhöfe vor Ort werden bewirtschaftet. Schließlich zahlen die Unternehmen den Besitzern für Büroräume Mieten wie in Großstädten. Bislang haben die Gesellschaften das billigend in Kauf genommen - schließlich müssen sie in dem Dorf seit Jahren keine Gewerbesteuer zahlen. »Dieser Standortvorteil ist durch Gesetzesänderungen aber bereits größtenteils Geschichte«, sagt Kurt Friedrich vom Kieler Finanzministerium - und im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat schlummern Vorlagen zur Beseitigung letzter Steuerlücken. Erste Firmen seien bereits abgezogen, sagt Bürgermeister Thiesen. Auch die Lufthansa schließt Konsequenzen nicht aus. »Natürlich haben wir das zur Kenntnis genommen und prüfen alternative Standorte«, sagt eine Frankfurter Lufthansa-Sprecherin. Nach den Anfang des Jahres verabschiedeten Änderungen müssen die Mutterunternehmen an ihrem Sitz für die Erträge ihrer Beteiligungen in Nordfriesland Gewerbesteuer zahlen. Für Personengesellschaften bestehen dabei allerdings noch günstigere Anrechnungsbedingungen. Deswegen wird nun für alle Gemeinden ein vorgeschriebener Mindesthebesatz bei der Gewerbesteuer von 200 Prozent erwogen. »Wegen des Verwaltungsaufwandes und der Abgaben an Land und Bund müssten wir aber 290 Prozent nehmen, um kostenneutral zu arbeiten«, sagt Thiesen. Damit wäre Norderfriedrichskoog steuertechnisch endgültig nur noch eine Kommune unter vielen.