nd-aktuell.de / 03.12.2003 / Politik

Linke Sichten auf die EU

Debatte über Europa-Politik der Kommunisten

Matthias Gärtner
Die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSCM) tut sich schwer mit der künftigen EU-Mitgliedschaft Tschechiens.
Was geschieht, wenn im Juni 2004 das neue EU-Parlament gewählt wird, die Stammwählerschaft der KSCM den Urnen aber fernbleibt, weil ihre Partei bislang einen sehr EU-kritischen bis EU-feindlichen Kurs fuhr? Die Kommunisten, so ist zu befürchten, bleiben deutlich hinter ihren Ergebnissen bei nationalen Parlamentswahlen zurück. Höchste Zeit also für die Partei, ihr Verhältnis zur künftigen EU-Verfassung, zur Linksfraktion im Unionsparlament und zur Gründung einer europäischen Linkspartei zu klären. Die theoretische Abteilung der KSCM und die Gesellschaft für europäischen Dialog hatten daher am vergangenen Wochenende zum Gespräch nach Prag eingeladen. KSCM-Vizevorsitzender Jiri Dolejs plädierte für einen Schwenk seiner Partei: Er warb dafür, die Grundidee einer EU-Verfassung zu verteidigen und eigene linke Vorstellungen in die Diskussion einzubringen. Ein sozialistisches Europäertum sei erforderlich. Die Fraktion der europäischen Linken in Strasbourg kritisierte Dolejs allerdings als Sammelsurium ohne einheitliches Erscheinungsbild. Er bedauerte, dass es kein gemeinsames Wahlprogramm der europäischen Linken gibt, und befürwortete die Bildung einer europäischen Linkspartei. Auch Miroslav Formanek, einer der »Vordenker« der tschechischen Kommunisten, stellte die Frage, warum so wenige linke Ideen zur europäischen Integration sichtbar werden, und führte dies auch darauf zurück, dass keine gemeinsamen linken Strukturen existieren. Miroslav Nejedly beklagte den Mangel an Wissen über die EU und die künftige Verfassung in der KSCM-Mitgliedschaft und warb für intensiven Austausch innerhalb der europäischen Linken. Der kommunistische Parlamentsabgeordnete Vaclav Exner wollte darin auch die linken Kräfte Russlands und anderer Staaten der ehemaligen Sowjetunion einbezogen sehen. In einem Interview mit der kommunistischen Tageszeitung »Halo Noviny« hatte er sich für eine Mitarbeit der KSCM in der künftigen Fraktion der europäischen Linken ausgesprochen. Pikant nur: Zur selben Stunde tagten in Brno die Kräfte in der KSCM, die einen proeuropäischen Kurs ablehnen.