»Shock and awe« kehrt sich nun gegen USA

Die so genannte Schlacht von Samara war offensichtlich ein Massaker der Besatzungstruppen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Als USA-Präsident Bush die Kriegsmaschine gegen Irak losließ, verkündete er, man werde nach der Strategie »Shock an awe« (Schock und Furcht) vorgehen. Diese Kriegsführung wendet Iraks Widerstand inzwischen gegen die Besatzer an. Und wie sich zeigt, erfolgreich.
Diese Leute werden zusammengetrieben, gefangen genommen, getötet, verletzt und verhört, und dieser Prozess läuft gerade.« So charakterisierte USA-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zu Wochenbeginn die USA-»Säuberungs«-Operationen in Irak. Es gebe dort nur »eine begrenzte Anzahl von Leuten«, die Widerstand leisten. Doch sie operieren höchst effektiv. Mit Angriffen gegen Kräfte der »Koalition der Willigen« schwächen sie die Bereitschaft von Verbündeten, den USA-Truppen beizustehen. In Spanien und Italien wächst Widerstand gegen die Unterordnung unter die USA-Abenteuerpolitik, Japan vertagt die Entscheidung über Truppenverlegungen, ähnliches verlautet aus Thailand und Südkorea. Zudem stolpert die USA-Propaganda über ihre eigenen Fallstricke. Nach dem für die USA bislang verlustreichsten Monat November - es kamen nach Angaben der »Washington Post« 81 USA-Soldaten um - wollte man Erfolge verkünden. Doch die bisherigen Darstellungen über die »Schlacht von Samara« erweisen sich als falsch. Sie soll am Sonntag getobt haben, nachdem Widerstandskämpfer mehrere schwer gesicherte Geldtransporte - sie sollten die neu eingeführten Banknoten in die nördlich von Bagdad gelegene Stadt bringen - überfallen hatten. Angeblich hätten die USA-Truppen ohne eigene Verluste 54 irakische Angreifer getötet. Doch nachdem USA-General Mark Kimmitt in Bagdad mitteilen musste, dass man nicht eine Leiche, geschweige einen der zahlreichen Gefangenen, vorzeigen könne, fand sich auch der verantwortliche Brigadekommandeur, Colonel Frederick Rudesheim, bereit, seine »Erfolgsquote« zurückzunehmen. Kimmitt sagte auch: »Uns liegen keine Berichte über irgendwelche Kollateralschäden oder unschuldige Zivilisten, die getötet oder verwundet wurden, vor.« Sollten solche auftauchen, würden sie »in der Untersuchung berücksichtigt«. Höchst unterschiedlich reagieren die USA-Medien. Während der Nachrichtensender CNN Schreckensmeldungen über irakische Banden verbreitet, befragte der Korrespondent der »Washington Post« vorwiegend irakische Augenzeugen aus Samara. Im städtischen Krankenhaus bestätigte man ihm acht Tote, »alles Zivilisten«, darunter »eine Frau und zwei Unter-Achtzehn-Jährige«. ......................................................................................... Wegen »Geheimnisverrat« soll ein in Bagdad dienender GI aus der Armee gefeuert werden. Er hatte eine junge Frau und einen irakischen Richter über seine Patrouillen-Strecke informiert. Der Soldat hatte gemeinsam mit einem Kameraden die Streife unterbrochen, um sich von dem Richter trauen zu lassen. Es war eine Doppelhochzeit, auch der zweite Soldat heiratete eine Irakerin. Das war Mitte August. Danach durfte der 27-Jährige seine Frau nicht mehr sehen. ......................................................................................... Amar Jabbar, Arzt im Hospital, beschrieb die chaotische Situation bei der Versorgung der mehr als 50 verwundeten Zivilisten. Auf Fluren musste man ihnen Infusionsnadeln stechen. Vergleichbare Zahlen nannte der Polizeichef von Samara, Oberst Ismail Mahmud Mohammed. Er betonte, dass 45 Iraker verletzt seien und verwies darauf, dass ein iranischer Pilger unter den Todesopfern ist. Der Schweizer Botschafter in Iran, der die Interessen der Vereinigten Staaten wahrnimmt, wurde ins Teheraner Außenministerium bestellt, um den Protest und eine Schadenersatzforderung nach Washington weiterreichen zu können. Die USA-Truppen vermeldeten unterdessen am Dienstag die »Festnahme oder den Tod« von Essat Ibrahim el Duri. Der war im gestürzten Regime der zweitmächtigste Mann hinter Saddam Hussein. Die irakische Polizei konnte diesen Erfolg nicht bestätigen. Auch für die Annahme von USA-Geheimdienstlern, es gebe ein geheimes Kommandozentrum, über das der Ex-Diktator seine Widerständler kommandiert, findet sich kein Beleg. Wiederum mag die »Washington Post« der offiziellen Propaganda der Bush-Regierung nicht folgen. Dezent zitiert das Blatt dagegen den Cousin eines in Samara verletzten Mannes: »Saddam Hussein hat sich erledigt. Wir verteidigen nun unsere Ehre und unser Land.«
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