Schneewittchen in Schwarz

Aufführung im Stadtbad Oderberger Straße

Zwei Schneewittchen in einem Raum - das kann nicht gutgehen. Wer bekommt da den Prinzen ab, und wer ist die Haushaltshilfe für die Männerbrigade? Bei der Märchenperformance »Schneewittchen hoch 2« im Stadtbad Oderberger Straße zanken sich die beiden schwarz gewandeten Schneewittchen Martina Couturier und Ruth Geiersberger daher auch zunächst. Sie fallen sich ins Wort und balgen sich um die schöne schwarze Perücke. Plötzlich verzieht Ruth Geiersberger das Gesicht und wird die keifende Königin - jene, die stets den Spiegel nach der Schönsten im Lande befragte und irgendwann die Antwort »Schneewittchen« erhielt. Der von den Gebrüdern Grimm notierte Generationskonflikt blüht nun auf. Wer ist schöner, wer ist attraktiver? Was wiegt das feste Fleisch, was die Erfahrung? Couturier und Geiersberger, selbst näher an der Königin als an Schneewittchen, liefern ein Plädoyer, na klar, für das Leben. Für die im Leben erhaltenen Schrammen, die auch Erfahrung sind. Der Kult um den blutroten Mund, das ebenholzfarbene Haar und die schneeweiße Haut wird umgebogen. Sich gegenseitig befragend, von Schneewittchen zu Schneewittchen, Stiefmutter zu Stiefmutter, Schneewittchen zu Stiefmutter und Stiefmutter zu Schneewittchen zerlegen die beiden Performerinnen sacht das Märchen. Das ist sehr schön anzuschauen. Dabei halten sie an der Grunddifferenz, dem Neid der Älteren auf die Jüngere, fest. Das wird dem Märchen gerecht. Doch scheint es, als hinkten die Künstlerinnen einer Gesellschaft hinterher, in der Mütter und Töchter mitunter da...

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