Das Leben als Dia-Show

Er singt, er marschiert, er tanzt, er saugt, er deklamiert, er reimt sogar, und zwar Zungenkuss auf Lungenschuss. Und er sitzt da und schaut Bilder an. Diapositive eines Lebens, das sich einfachen Zugriffen entzieht. Was ist schon schlecht, was gut? Herr Halb Huber - im wirklichen Leben Dietmar Halbhuber, Lebenskünstler, Satiriker, Komödiant und unter vielem anderen als Bürger Huber auch ND-Autor - besichtigt im Theater unterm Dach (die nächsten Vorstellungen stehen noch nicht fest) in einer Ein-Mann-Show sein Leben. Ein Ostleben, worauf er Wert legt. Wenn schon Ostalgie, dann richtig. Nicht bloß der Teil, der durch die Fernsehshows wabert. Und so erzählt der Mann: Nicht anderen Leuten, wie ihr Leben gewesen zu sein hat, sondern wie sein eigenes, einziges Leben »in mindestens drei Deutschländern« war. Unterstützt nur von ein paar Radios, einem Diaprojektor (auch Bildwerfer) und dem legendären Stehsacksauger »Steppke«. Bilder und Töne aus einer versunkenen Zeit führt der Mann vor, aus einer Kindheit ohne Onkel, der im Krieg geblieben war, mit einem Vater bei der Volkspolizei und einer strengen Mutter. Eine glückliche Kindheit? Wer weiß. Aber immerhin: eine Kindheit. So viele Möglichkeiten. Und jetzt, ein gutes halbes Leben später: so viele Gewissheiten. Seelen-Theater nennt der Mann das, und über seinen Seelenzustand gibt der Titel des Stücks Auskunft: »Der Gerupfte«. Ja, der Mann hat Federn lassen müssen. Mit fremden sich zu schmücken hat er nicht gelernt. Gerupft hat ihn das Leben in der alten Republik, gerupft hat ihn auch das Leben in der neuen Republik. Aber was heißt schon Leben? Damals hatte er sein Auskommen, heute fehlt ihm ein Einkommen, er ist getrieben, gerupft wie viele Leute in diesem Teil des Landes. Gebeutelt wie selbst sein Stehsacksauger »Steppke«, dessen Beutel schließlich auch schlapp macht. Und trotzdem bleibt Hoffnung, so lange der Gerupfte noch lachen kann - über die Welt und über sich selbst. Er lacht über sich, aber er lacht sich nich...