nd-aktuell.de / 31.12.1993 / / Seite 13

Braune Nattern

Das Protokoll des Preußischen Landtages vermeldet am 8. Juli 1932 nach einer Rede des Abgeordneten Wilhelm Kube, später Gauleiter und „Generalkommissar für Weissruthenien“, stürmischen Beifall der NSDAP-Fraktion. Kube hatte nach der - was selten genug vorkam - Verurteilung eines SA-Mannes wilde Drohungen gegen die Richterschaft losgelassen. Der „lächerliche Preu-ßische Richterverein“ werde „verdammt schnell schweigen“, wenn die NSDAP „seine Mitglieder der berechtigten Wut der breiten Massen“ preisgeben werde. Im Teuteburger Wald hätten die Germanen den römischen Richtern die Zunge herausgerissen und ihnen zugerufen: „Jetzt zische Natter, wenn Du

Wannst!

Ende 1933, vor 60 Jahren, wurde der „lächerliche Richterverein“ zwar nicht durch die „breiten Massen“ zum Teufel gejagt, sondern durch eine Verfügung des Vorsitzenden des „Bundes Nationalistischer Deutscher Juristen“ (BNSDJ), Hans Frank, schlicht aufgelöst. Im Frühsommer waren bereits die Richtervereine unter Führung des BNSDJ in die „Deutsche Rechtsfront“ vereint worden. Mit dem 31. Dezember 1933 kam nun die endgültige Auflösungsverfügung. Dabei hatten die führenden Vertreter des Deutschen Richterbundes (DRB), Karl Linz z. B., nichts ausgelassen, um ihre Verbundenheit zu Hitler zu bekunden. Kaum einer hatte auch gegen das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 aufgemuckt, das sich vor allem gegen „nichtarische“ Beamte richtete. Die von Kube im Landtag so attackierten Mitglieder des Preußischen Richtervereins hatten, wie auch das Präsidium des DRB, schon vor diesem Gesetz dem NS-Staat Treue gelobt und ihre Gleichschaltung durch Beitritt in den BNSDJ eingeleitet. Und so zählte dieser am Jahresende 1933 bereits 30 000,-1935 waren es. 80K)00

ür-Rieht

allein 15 000. Getreu dem Auftrag, „die kpnkrete völkische Gemeinschaftsordnung zu wahren, Schädlinge auszumerzen“, fällten sie Zehntausende Todesurteile.

Eine gründliche Aufarbeitung dieses finsteren Kapitels der deutschen Justiz ist allerdings nach wie vor u.a. dadurch blockiert, daß Personalakten von Nazirichtern zur Verschlußsache erklärt sind. Abgesehen davon, ist die bundesdeutsche Justiz bekanntlich derzeit mit anderem beschäftigt, hat sich mit Prozessen für die nächsten Jahre derart eingedeckt, daß sie für die Auseinandersetzung mit hrer eigenen Geschichte keiie Zeit verschwenden kann.

BNSDJ-Führer Frank hatte Snde 1933 der deutschen Sichterschaft eine große Zutunft versprochen