nd-aktuell.de / 31.12.1993 / Brandenburg / Seite 17

Wo Hund und Katze „Asyl“ finden

Rainer Funk

In Lankwitz geht es im wahrsten Sinne des Wortes tierisch zu. Man kreucht und fleucht, flattert und scharrt, bellt, miaut, krächzst, zwitschert oder schweigt einfach vor sich hin -Alltag im Tierheim, dem einzigen in Berlin. 150 Hunde und ebenso viele Katzen haben in der Dessauer Straße ein zwischenzeitliches Zuhause gefunden, dazu allerlei Karnickel, Vögel und Reptilien, sogar drei Pferde, die aber im Gegensatz zu dem anderen Getier nicht verkauft werden, sondern ihr Gnadenbrot bekommen.

Etwa 50 Fachleute sorgen sieh um die Zöglinge, darunter

sechs Arzte. 10 000 DM kostet das Unternehmen einen jeden Tag. Und es wird ausschließlich aus Spenden und aus Beiträgen der rund 9 600 Mitglieder im Tierschutzverein finanziert. Da das Heim mehr und mehr aus den Nähten platzt, wird, wie der Leiter der Einrichtung, Ulrich Schindler, berichtete, ein neues, weitläufiges Grundstück gesucht. Bislang allerdings vergeblich - trotz der Unterstützung, die der Regierende Bürgermeister zugesagt hat.

Nach den Feiertagen des Jahresendes sind die Zahlen der Heimbewohner - wie gewöhnlich - auch heuer ange-

stiegen. Manch einer entledigt sich einfach eines unbedachten Geschenkes. 49 Katzen wurden bis jetzt abgegeben. Letztes Jahr waren es im gleichen Zeitraum nur 23. Und 30 Hunde standen gewisserma-ßen vor der Tür, ebenso viele wie zwischen Weihnachten und Silvester 1992. Mitte Januar, wenn die erste Freude über das erstandene Tier verflogen ist, erwartet Schindler allerdings erst „den großen Schub“.

109 000 amtlich registrierte Hunde gibt es in Berlin. Und eine kaum zu schätzende Zahl „illegale“, weil nicht besteuerte, dazu. Bei den Katzen

dürfte es sich - niemand weiß es genau - um etwa die dreifache Anzahl handeln. Für sie und alle anderen in der Stadt lebenden Tiere ist die Jahreswende mit Angst und Schrecken verbunden. Wes-, halb er empfiehlt, Türen und Fenster geschlossen zu halten und auf den allabendlichen Spaziergang .einmal zu verzichten. Aufgeschreckte und deshalb entlaufene Haustiere können, sofern sie aufgefunden werden, in der Sammelstelle des Heimes (Tel. 77 99 00 32) ab Montag zwischen 9.30 und 16 Uhr abgeholt werden.

RAINER FUNKE