Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

  • Brandenburg
  • Installationen von Ayse Erkmen in der daad-galerie und Galerie von der Tann

Zwei Häuser der ungemütlichen Kunst

  • Lesedauer: 3 Min.

Besucher erscheinen, begegnen sich in verzerrter Sicht im Licht

Katalog

Reoro

Die weitläufigen Räume der daad-galerie sind im besten Sinne des Wortes zugebaut: Gleich beim Eintritt sieht man sich einem Gestänge gegenüber, das, taillenhoch gehängt, den Raum horizontal in zwei Parzellen aufteilt. Unweigerlich wandert der Blick nach oben und entdeckt im Lichthof der Galerie, der Glaskuppel, einen hängenden-Garten, der fast paradiesisch wirkt im Vergleich zu den betont künstlichen Gesellen in den Räumen.

Ayse Erkmen, 1949 in Istanbul geboren und dort auch zur Bildhauerin ausgebildet, nennt ihre Ausstellung „Das Haus“. Es ist ungemütliche Kunst, die ernüchtert und gleichzeitig eine sagenhafte Ästhetik ausstrahlt. Die von der Decke hängenden Metallkonstruktionen zeichnen jeweils die Umrisse der fünf Räume nach: U-förmig, quadratisch oder länglich. An den Unterseiten der weiß lackierten Schienen befinden sich kaltweiße Neonröhren, die für seltsame Lichtverhältnisse sorgen: ein von unten kommendes Streulicht, das kaum Schatten entstehen läßt.

Wie Lichtschneisen schlagen sich diese rechteckigen Schwebegebilde durch den Raum, verweisen auf ihn, füllen ihn, grenzen ab. „Das Haus“ erhält so ein neues Gesicht. Es wird spröde und scheint sich gegen eine allzu selbstverständliche Vereinnahmung zu wehren.

Der Betrachter hat die Wahl, sich entweder dicht an dem Gestänge entlangzuwinden oder die Bannmeile der Lichtschranken zu unterlaufen und gebückt in die jeweilige Raummitte zu gehen. In beiden Fällen bedrängen die sperrigen Stangen, wirken bedrohlich. Das laute Surren, das in der Luft liegt, verstärkt die Unheimlichkeit.

Ursprünglich sollte ein im unter der Galerie gelegenen Cafe Einstein montiertes Mikrofon die Geräuschkulisse des Kaffeehauses in die Galerie übertragen. Derzeit aber ist aus, den .in den Ecken .der

Röhrenkonstruktionen angebrachten Lautsprechern nur dieses kontinuierliche, nervige Summen zu hören.

„Das Haus“ ist ein magisches, wenn auch kein verzaubertes. Zwei weitere inhaltliche Bezüge setzt die Ausstellung. Da die Galerie der einstige Wohnsitz des Filmstars Henny Porten ist, laufen in der ehemaligen Bibliothek Filme der Stumm- und Tonfilmschauspielerin. Palmen auf den Baikonen sollen an den Lichthof in der Galerie anknüpfen und auf den Gartenbetrieb der Restauration im

Snmmpr

Von direkten Ortsbezügen biographischer Art lebt Erkmens parallel laufende Installation „Zum Haus“ in der Dahlemer Galerie von der Tann. Hier sind zwei Räume mit TV-Bildschirmen ausgestattet, die, da sie direkt vor den Fenstern hängen, den Blick auf die Außenwelt ersetzen und ergänzen.

Die Videos sind ebenfalls Fensteraussichten, und zwar aus dem Wohnzimmer und der Küche der Künstlerin. Unveränderte Kameraeinstellungen zeigen je drei Stunden morgens und drei Stunden abends eine in voller Blüte stehende Kastanie - dazu „klingen“ Vogelgezwitscher - und eine befahrene Straße (die Autobahn nach Haiensee) hinter einem Birkenwäldchen. Ob Realität so einfach zu ersetzen ist, wie wir häufig glauben, ist eine der Fragen, die die Installation stellt.

Ein dritter Raum in der Villa der Galerie ist fast selbstironisch mit zwei kantigen Gipssäulen verfremdet, die an der Decke in rechtwinkligen Bögen auseinanderstreben die Originalsäulen stehen bei der Künstlerin zu Hause.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal