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Die Flucht nur eine Legende

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Das Dossier, das der Schweizer Staatsschutz seit 1943 über Pabst führte, enthält zu diesen Vorgängen aufschlußreiche Details. Über Pabsts Firma und die damit ziKimmenhängende Agententätigkeit findet sich darin allerdings nichts.

Einen Untersuchungsbericht über ihre Geschäftspartner und Hintergründe läßt der Staatsschutz erst Anfang 1953 schreiben; im Dossier wird der Bericht erwähnt; 1989, als die bis dahin streng unter Verschluß gehaltene Akte Pabst öffentlich wird, ist der Bericht spurlos verschwunden.

Übrigens beseitigt das Dossier jeden Zweifel daran, daß die Behauptung, von Pabst aufgestellt und von der Bundesregierung in dem eingangs erwähnten Bulletin aufgegriffen, wonach er als Verfolgter des Naziregimes in die Schweiz habe fliehen müssen, eine Legende ist. Und auch einen Widerstandskämpfer Pabst hat es nie gegeben.

Wenn Pabst aber nicht als Flüchtling in die Schweiz kam, als was dann? Als Pabst einreiste, waren die Kämpfe an der Ostfront in das entscheidende Stadium getreten, und Canaris unternahm mit seinem Apparat alle Anstrengungen, um die von dem Ungarn Sandor Rado geleitete „ Dora “ -Kundschaftergruppe auszuschalten, die von der Schweiz aus laufend geheime Operationspläne und Lageberichte der deutschen Wehrmacht per Funk nach Moskau übermittelte. Die deutsche Abwehr schleuste erfahrene Agentenführer in die Schweiz ein, die, teils als Geschäftsleute getarnt, erfolgreich auf „Dora“ angesetzt wurden...

Im Herbst 1943 war den Canarisleuten klar, daß der Krieg für Deutschland verloren war. Und das war der Moment, wo sie Sondierungsgespräche mit dem späteren CIA-Chef Allan Dulles aufnahmen.

Dabei ging es um einen Separatfrieden, der eine Bolschewisierung Mitteleuropas verhindern sollte. Pabst, dessen CIA-Kontakte laut eigener Aussage aus dieser Zeit stammten, war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an diesen Verhandlungen beteiligt. Dieselbe antisowjetische Linie wurde von eben den eidgenössischen Kreisen verfochten, die Pabsts Aufenthalt während des Krieges gegen starke Widerstände im Land absicherten, allen voran der Staatsschutz.

Sie hielten ihm auch nach 1945 die Stange, als es bis zu einer Ausweisungsverfügung kam. Sie sorgten dafür, daß er, als ein wertvoller Bundesge-

nosse im Kalten Krieg, sich ungehindert politisch betätigen konnte.

1951 traf er sich auf bundesdeutschem Boden mit Altnazis aus der geheimen „Bruderschaft“, deren „Innerer Ring“ sich als Generalstab der zukünftigen deutschen Armee betrachtete. Dabei trat Pabst als Repräsentant des Rüstungskonzerns Oerlikon auf.

Nachdem die BRD im Mai

1955 der NATO beigetreten war, nahm sich Pabst in Düsseldorf eine Zweitwohnung, etablierte sich hier am Sitz der „Rheinmetall“ als Waffenhändler und verteidigte im übrigen weiterhin „Freiheit und Menschenrechte“ In dieser Beziehung hatte er hierzulande rasch ein Defizit an Abwehrbereitschaft ausgemacht:

1956 faßte er den Plan, einen „Antikommunistischen Selbstschutz“ aufzustellen, verhandelte deshalb u. a. mit Otto Strasser, kontaktierte zuständige Stellen in Bonn, Rom und Washington und versuchte, als Startkapital 300 000 DM in Industriekreisen einzuwerben.

Das Interesse der Wirtschaft war allerdings mäßig. Die Zeit der Freikorps und Kampfgruppen war vorbei. Sie hatten wirksamere Nachfolgerin-

Er wandte sich an Franz Josef Strauß und kam schließlich im Bundesverteidigungsministerium mit der psychologischen Kriegführung in Verbindung. Diese Abteilung wurde damals von Strauß' Berater Dr. Eberhard Taubert aufgebaut, der früher einer von Goebbels' Adjutanten gewesen war.

Pabst wurde Mitbesitzer einer vom Verteidigungsministerium subventionierten Abonnementzeitung, die Taubert zeitweilig mitproduzierte. Ihr Chefredakteur Hugo Wellems war im Krieg einer von Tauberts Mitarbeitern gewesen: auch ein Vertrauensmann von Strauß. Ein Teil der Auflage wanderte regelmäßig in die Lesestuben der Kasernen.

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