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- „Was die Kirche gibt und was sie nimmt“
Bitte genau hinhören
Die meisten der Vorwürfe, die Paul Thiry in seinem Artikel „Was die Kirche gibt und was sie nimmt“ (ND-Forum, 24. Dez. 93) erhebt, betreffen die Katholische Kirche, weshalb ich als Protestant für diese nicht Stellung nehmen kann, wohl aber auch hier zur Differenzierung rate, beispielsweise zu bedenken gebe, daß die katholische Soziallehre ein Solidarprinzip fordert, welches in wohltuendem Gegensatz zur derzeit betriebenen Entsolidarisierung der Gesellschaft steht.
Als Mitglied und Mitarbeiter der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg jedenfalls lege ich schon Wert auf die Feststellung, daß die Evangelischen Kirchen sich von regional unterschiedlichen Ausnahmen abgesehen aus dem Privatleben ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr wohl heraushalten, weder totalitäre Ansprüche auf alleinige Wahrheiten erheben noch eine „Unterwerfung der Vernunft unter den Glauben“ fordern.
Daß sich religiös nicht gebundene Menschen durch die kirchliche Dominanz im öffentlichen Sozialwesen beeinträchtigt sehen, kann ich durchaus verstehen, doch ist dieser Vorwurf nicht an die Kirchen zu richten, sondern an die derzeitige Politik, die den Staat aus derartigen Aufgaben u.a. deswegen gern heraushält, weil dieser die nicht von den Nutzerinnen und Nutzern dieser Einrichtungen
fetragenen Anteile dann zu undert Prozent finanzieren müßte. Wenn dies aber so ist, dann sollten wir schon froh
sein, daß kirchliche Träger diese Lücke ausfüllen, und dann ist es auch recht und billig, wenn diese im Grunde gesellschaftlichen Aufgaben staatlich mitfinanziert werden.
Die vielen „Pfaffen“ in der Politik schließlich, - eine Bezeichnung, die ebensowenig für die Seriosität der Argumentation desjenigen spricht, der sie verwendet, wie für die Unfähigkeit, zwischen deren politischer Intention und der von khomeinimäßigen Ayatollahs zu unterscheiden -, die vielen Pfarrerinnen und Pfarrer in der Politik also, sie sind Ausdruck dessen, daß Kirchenleute eben nicht, wie ihnen zuvor gerade vorgeworfen, „die Kirche im Dorf lassen“, sondern sich aus christlicher Verantwortung gesellschaftlich engagieren, und zwar in sehr unterschiedlicher Weise, die deswegen auch unterschiedlich zu bewerten ist.
„Die Kirchen“ sind weder
Eauschal gut, noch pauschal Öse, sondern sie sind auf dem Weg. Und über diesen Weg wird diskutiert und gestritten, nicht zuletzt in den Kirchen selbst. Und ich bitte sehr herzlich, genau hinzuhören, zunächst zwischen den Kirchen zu unterscheiden und dann innerhalb der jeweiligen Kirche die wirklich sehr verschiedenen Richtungen und Entwicklungen wahrzunehmen, darunter eben auch solche - denke man nur an die Kirchentage -, die, abgesehen von der Bedeutung für den einzelnen Menschen, der Gesellschaft sehr positive Impulse geben.
CHRISTIAN SPERLING, 13403 Berlin
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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