Veröden die Rathaus-Passagen?

USA-Supermarkt Wal-Mart macht einen Rückzieher und kündigt Vertrag

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Die Fußgängerzone vom S-Bahnhof Alexanderplatz bis zum Roten Rathaus ist aufgerissen, die Bowling-Bahn wieder in Betrieb, die Schaufenster sind recht einfallslos verglast und die Windungen eines Autohauses schrauben sich rohbaufertig in die Höhe - so präsentieren sich die Rathauspassagen zum Jahreswechsel. Das neue Leben, das schon seit Jahren einziehen und den Alex beleben soll, droht aber ein Fehlschlag zu werden. Wal-Mart, der Billig-Händler-Gigant aus den USA, der an diesem Stadtort dominieren wollte, hat kurzerhand einen Rückzieher gemacht und ist aus dem Geschäft ausgestiegen. Völlig überraschend für den Bezirk Mitte und die Wohnungsbaugesellschaft (WBM), die den knapp 70-Millionen-Euro teuren Umbau der Passagen ganz nach den Wünschen von Wal-Mart vorgenommen hat. Die nach der Wende heruntergekommenen Rathauspassagen sollten ursprünglich ab Frühjahr 2001 umgebaut werden. Mit einjähriger Verspätung ging es los. Für Oktober 2003 war die Eröffnung der Einkaufspassagen geplant, dann wurde auf das Frühjahr 2004 verschoben. Die US-amerikanische Einzelhandelskette wollte anfangs zwei Etagen mit rund 18000 Quadratmetern Verkaufsfläche einrichten. Forderungen des Konzerns nach einem Parkhaus wurden trotz der komplizierten Lage erfüllt, denn genau unter dem Areal verläuft die U-Bahn. Doch dann ließ sich Wal-Mart nur die obere Etage mit 10000 Quadratmetern reservieren und die Rekonstruktion musste wieder neu konzipiert werden. Das Erdgeschoss ist nach Aussagen der Wohnungsbaugesellschaft zu 70 bis 80 Prozent vermietet. Zieht das Billig-Einkaufszentrum aber nicht ein, dürfte das einen erneuten Umbau und damit weitere Verzögerungen zur Folge haben. Springen dann auch noch andere Händler wieder ab, könnte sich das Superprojekt zur Superpleite entwickeln. Damit dürfte auch die jetzt begonnene Straße zwischen Rathauspassagen und Fernsehturm zu einem höchst fragwürdigen Projekt zu werden. Steigen die Händler aus, besteht auch keine Notwendigkeit für Autoverkehr. Über die Gründe der USA-Handelskette, den Standort Mitte fluchtartig zu verlassen, kann nur spekuliert werden. Bauliche Risiken und zeitliche Verzögerungen nennt der Konzern. Doch tatsächlich scheinen hinter dem Ausstieg die miserablen Gewinnerwartungen zu stehen. Der Konzern steht deutschlandweit in roten Zahlen. Eine Wende ist nicht in Sicht. Am Alex lässt sich das große Geld nicht verdienen. Zumal auf der Parkfläche hinter dem Alexanderplatz, wo der Weihnachtsmarkt seine Tore für immer geschlossen hat, ein weiterer Einkaufstempel geplant ist. Für die Grünen hat dieses Großprojekt damit ein erstes Opfer gefordert. Berlin liegt bei der Kaufkraft der deutschen Städte auf Platz 233, doch bei Verkaufsflächen auf dem dritten Platz. Und das kann für einen solchen zentralen Standort wie Mitte nicht funktionieren. Deshalb wohl hat Wal-Mart fünf vor zwölf die Notbremse gezogen. Die Grünen fordern deshalb vom Senat, das Projekt an der »Banane« (Parkplatz) aufzugeben, um die Entwicklung des Alexanderplatzes nicht zu behindern. Die WBM ist ein landeseigenes Unternehmen, Verluste bleiben beim Land Berlin und damit beim Steuerzahler hängen. Der Ausstieg von Wal-Mart droht jedenfalls zu ...

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