nd-aktuell.de / 09.02.1994 / Politik / Seite 14

Wer zählt zu den „Leitenden“?

Gerd Sieber

cherausschuß der leitenden Angestellten, wählen.

Das hat für den noch amtierenden Betriebsrat und den Wahlvorstand einige Konsequenzen bei der Wahlvorbereitung. So sind bei der Anfertigung der Wählerlisten und der Feststellung der Beschäftigtenzahl des Betriebs die leitenden Angestellten nicht mitzuzählen. Nur in Fällen, die das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich nennt (z.B. §§105,107 Abs. 1 und 3, 108 Abs. 2), darf der Betriebsrat Tätigkeiten in bezug auf diesen Personenkreis entfalten.

Wahlvorstand muß Zuordnung vornehmen

§ 18a BetrVG verpflichtet den Wahlvorstand, die Zu-

ordnung zur Gruppe der „Leitenden“ vorzunehmen und - falls zeitgleich mit der Betriebsratswahl die Sprecherausschußwahl stattfindet - sich mit dem Wahlvorstand der leitenden Angestellten über deren Zuordnung abzustimmen.

Konfliktstoff möglich

Hier kann Konfliktstoff lauern, denn das naturgemäß kleine Häufchen der „Leitenden“ strebt danach, möglichst viele Personen zu vertreten. Andererseits fühlen sich auch manche Angestellte aus Prestigegründen zu diesem Kreis hingezogen, und der Arbeitgeber sieht es auch nicht ungern, wenn der Vertretungskompetenz des Betriebsrats Leute entzogen werden.

Wer nun wirklich „Leitender“ ist, definiert § 5 Abs. 3 BetrVG. Der Abs. 4 gibt weitere Entscheidungshilfen. Danach ist wesentliches Merkmal, daß der leitende Angestellte typische unternehmerische Aufgaben wahrnimmt und hierbei selbst nicht weisungsgebunden ist, sondern Weisungen selbst erteilt oder wesentlich beeinflußt. Sein Entscheidungsspielraum auch gegenüber dem/den Eigentümern - muß also erheblich sein.

Maßstäbe für Eingruppierung

Kriterien sind z. B. das Recht zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Personal und Handlungsbefugnis kraft Generalvollmacht oder Prokura.

Der Arbeitsvertrag und die Stellung im Unternehmen bzw. Betrieb müssen dem entsprechen.

Die Orientierungshilfen in Abs. 4 sind praktisch Erläuterungen zu Abs. 3, auf keinen Fall eigenständige Maßstäbe zur Bestimmung der „Leitenden“.

Strenge Maßstäbe anlegen

Betriebsrate und Wahlvorstände müssen bei der Zuordnung einen strengen Maßstab anlegen, da bei einem zu „großzügigen“ Verfahren erstens Grenzzahlen für die Betriebsgröße unterschritten und Rechte eingebüßt werden und zweitens eine falsche Zuordnung arbeitsgerichtlich als „von Anfang an nichtig“ angesehen wird. Faustregeln für den Anteil der „Leitenden“ an der Gesamtbelegschaft gibt es nicht. Untersuchungen sprechen sowohl von 0,4 bis 5,1 Prozent wie von maxima 1 bis 2 Prozent.

GERD SIEBERT