nd-aktuell.de / 17.02.1994 / Politik / Seite 6

UNO will Kontingent in Sarajevo verstärken

New York/Belgrad (Reuter/ dpa/ND). UNO-Generalsekretär Boutros-Ghali hat seine Entschlossenheit bekräftigt, notfalls Luftangriffe auf Stellungen der Serben in Sarajevo anzuordnen. Er werde keinen Moment zögern, die entsprechenden Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats durchzusetzen. Die UNO will wegen der angedrohten Luftangriffe ihr Kontingent in Sarajevo verstärken. UN-Vizechef Annan habe die USA, Großbritannien, Frankreich und Spanien um Truppen gebeten.

Auch Rußland erhielt nach eigenen Angaben eine Aufforderung, widersetzt sich aber. Zugleich hat der stellvertretende russische Außenminister Tschurkin am Mittwoch mit dem serbischen Präsidenten Milosevic über die Entmilitarisierung Sarajevos gesprochen. Der bosnische Serbenführer Karadzic und der griechische Außenminister Papoulias haben sich entschieden gegen mögliche NA-

TO-Luftangriffe ausgesprochen. Papoulias warnte vor einer „großen Tragödie“, die sich auf den Balkan ausbreite.

Die Verantwortung für das Massaker in Sarajevo, bei dem 68 Menschen starben, bleibt unklar. „Aufgrund unserer Untersuchung hätte jede Seite die tödliche Granate abfeuern können“, sagte am Mittwoch der Leiter der Untersuchungskommission, der kanadische Oberst Gauthier, in Zagreb. Die Expertengruppe habe lediglich mit Sicherheit feststellen können, daß das Blutbad von einer konventionellen Mörsergranate vom Kaliber 120 Millimeter ausgelöst wurde. „Sowohl die serbischen als auch die bosnischen Truppen verfügen über derartige Waffen und auch Munition“, sagte Gauthier. Die Granate sei aus nordöstlicher Richtung abgeschossen worden. „Aber auch hier sind wir nicht weitergekommen, da die Reichweite dieser Mörser beide Seiten der Frontlinie erfaßt.“