nd-aktuell.de / 29.06.1994 / Kultur

Die Meinung des Betroffenen

tungsverfahrensgesetz den Grundsatz auf (§ 28 Abs. 1), dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor ein in seine Rechte eingreifender Verwaltungsakt erlassen wird.

Das trifft z.B. für Fälle zu, in denen ein belastender Verwaltungsakt (bspw. Rücknahme oder Entzug einer erteilten Erlaubnis, Verfügung zum Beseitigen eines Autowracks) erlassen werden soll.

Wird ein Verwaltungsakt erlassen, der dem Bürger ein Recht gewährt (Gewerbegenehmigung wird erteilt), ist eine Anhörung im Sinne von § 28 VwVfG nicht vorgeschrieben. Das

schließt jedoch nicht aus, daß die Behörde sich auch an den Antragsteller wendet, um gegebenenfalls den Antrag zu vervollständigen, weitere Unterlagen beizubringen oder auch weitere Auskünfte zu erteilen.

Die nach § 28 VwVfG vorgesehene Anhörung kann mündlich erfolgen. Denkbar ist auch eine schriftliche Erklärung des Beteiligten, wenn das dem Anliegen des Verfahrens entspricht. Das wird jedoch immer an Hand des konkreten Verfahrens zu beurteilen sein. Die Behördewird i.d.R. den Bürger über die Möglichkeit zur Äußerung oder Stellungnahme unterrichten. Das schließt nicht aus, daß auch der Bürger die Initiative ergreift und seine Meinung der Behörde mitteilt.

Nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwVfG ist es der Behörde möglich (Ermessen), unter bestimmten Voraussetzungen von einer Anhörung abzusehen. Das käme z.B. in Frage, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzüge erforderlich ist. Die Verfügung an einen Bürger, sich mit seinem Auto sofort aus der Nähe einer Brandstelle zu entfernen, bedarf offensichtlich keiner vorherigen Anhörung.

Die Behörde kann auch von einer Anhörung absehen, wenn sie eine Allgemeinverfügung (Ratgeber 98) erlassen will. Wird beispielsweise festgelegt, eine Straße wegen Bauarbeiten nicht mehr als Parkmöglichkeit zur Verfügung zu stellen, wäre auch hier eine Anhörung im Sinne von § 28 VwVfG nicht erforderlich. Das schließt nicht aus, die Bürger vorher in entsprechender Weise zu unterrichten, damit sie sich auf die neue Lage einstellen können. Das wiederum ist keine Verpflichtung, die sich aus § 28 VwVfG ergibt.

Eine Anhörung muß auch dann nicht erfolgen, wenn Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen (auf diese Maßnahmen wird in gesonderten Beiträgen eingegangen). Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht (§ 28 Abs. 3 VwVfG). Die Behörde ist in diesen Fällen gebun-

den und hat keinen Ermessensspielraum. Das kann z. B. im Interesse der allgemeinen Sicherheit, zum Schutz von Leben und Gesundheit von Bürgern der Fall sein, so z.B. wenn sie aus ihrer Wohnung evakuiert werden müssen, weil Bombendrohung erfolgte.

War eine Anhörung nach § 28 Abs. 1 VwVfG geboten und unterblieb sie, kann sie nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG nachgeholt werden. Will ein Bürger widersprechen, weil ihm die Möglichkeit zur Anhörung nicht eingeräumt wurde, kann er das nur zusammen mit dem gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelf (§ 44 a VwGO).

Ist vor einem Erlaubnisentzug keine Möglichkeit zur Anhörung gegeben worden, kann im Widerspruch gegen den Erlaubnisentzug (§§ 68 ff VwGO) auch der fehlenden Anhörung widersprochen werden.

Neben dem Verwaltungsverfahrensgesetz enthalten z.B. auch § 24 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) sowie § 55 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten Regeln über die Anhörung.

Prof. Dr. sc.