nd-aktuell.de / 17.08.1994 / Kultur / Seite 12

Wie ein Beschuldigter zu belehren ist

StPO darüber belehrt worden war, daß er jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, das Recht hat, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen (BGH 38, 372).

Schwieriger Beweis

Naturgemäß hängt der Eintritt der Voraussetzungen eines Verbotes der Verwertung gemachter Angaben von tatsächlichen Umständen ab, nämlich davon, ob der den mehreren Beamten als einzelner gegenübersitzende Beschuldigte (oder Zeuge) auch beweisen kann, daß er nicht gehörig belehrt bzw. die Kontaktaufnahme mit einem Verteidiger verwehrt wurde.

(Auf den Vernehmungsprotokollen, die der Vernommene dann unter-

schreibt, ist die gesetzlich vorgesehene Belehrung, in Kleindruck, ja schon vorgedruckt; und wer kann dann erfolgreich beweisen, daß es nicht so geschehen sei!)

Auch wenn man mit dem BGH dafür eintritt, daß die Belehrung über die Rechte nicht formelhaft absolviert werden darf, sondern verständlich und verstehbar zu erläutern ist, wird es im Einzelfall schwer werden, den Beweis dafür zu erbringen, daß die Polizeibeamten absichtsvoll keine gehörige Belehrung erteilt hätten.

Recht auf Verteidiger

Die Belehrung über das Recht, einen Verteidiger zu konsultieren, muß - nach BGH -real sein. Dazu gehört, wenn der zu Vernehmende nicht bereits einen

festen Verteidiger hat, ihm auch tatsächlich die Möglichkeit zu eröffnen, einen Verteidiger zu konsultieren, so z.B. durch Vorlage einer Liste von Strafverteidigern und durch das Angebot, das Telefon zu nutzen. (Wie real dieses Recht der Verteidigerkonsultationen in dem Fall gewesen sein dürfte, in dem des Nachts eine an der Grenze gestellte tatverdächtige Person in einer Grenzstation fern von größeren Städten polizeilich vernommen wurde, wenn man dort nicht einmal ein entsprechendes Telefonbuch zur Verfügung hatte, kann man sich vorstellen).

Auch die finanziellen Verhältnisse des zu Vernehmenden dürfen kein Hinderungsgrund sein, daß ihm die Konsultation eines Rechtsanwalts verwehrt

bzw. unmöglich gemacht wird. Erforderlichenfalls ist ihm die angezeigte Beratung mit einem Verteidiger auf Staatskosten zu finanzieren.

Ausländer benachteiligt

Regelmäßig besonders benachteiligt in dieser Situation sind Ausländer (besonders, wenn sie der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind), obzwar sie einen Anspruch auf Heranziehung eines Dolmetschers (auf Staatskosten!) haben.

Erst recht wird es bei Ausländern fraglich, inwieweit sie (aus ganz anderen Lebensverhältnissen kommend) die Rechte des bundesdeutschen Strafprozeßrechts voll zu erfassen und zu nutzen vermögen.

Die Bedeutung der vorherigen Konsultation eines Rechtsanwaltes vor der Vernehmung ist kaum zu überschätzen. (Dazu im nächsten Ratgeber).