nd-aktuell.de / 26.08.1994 / Kultur / Seite 13

HELMUT BLEIBER

auch nicht bei den Autoren. Was bleibt, ist das ungute Gefühl, nicht eindeutig zu wissen, wer oder was sich hinter Erna Dorn verbirgt. Ohne diese Wirklichkeit aber gleichzeitig zu ergründen, kann die Darstellung der Ermittlungsschwächen und die Kritik an der Stilisierung zur „KZ-Kommandeuse“ ausgenutzt werden, die Verbrechen der Nazis und der Gestapo zu verharmlosen oder Erna Dorn als SED-Opfer darzustellen. Vergessen wir nicht, daß der Internationale Gerichtshof in Nürnberg die Gestapo in ihrer Gesamtheit als verbrecherische Organisation verurteilt und lediglich technische Kräfte, wie Stenographen usw davon ausgenommen hat, zu denen man Erna Dorn wirklich nicht zählen kann. Leider gibt es gegenwärtig allzuviele Versuche, aus Nazi- und Kriegsverbrechern nachträglich Opfer des Stalinismus zu machen...

JOSEF GERATS