Der Gegenplan aus Nürnberg

  • Dieter Janke
  • Lesedauer: 2 Min.
Die von der Bundesanstalt zur -agentur für Arbeit mutierte Behörde will sich vertraglich gegenüber der Bundesregierung verpflichten, die Zahl der Arbeitslosen im Jahresschnitt um 100000 zu senken. Das ist ehrenwert. Schließlich wird die Beschäftigungskrise - im überparteilichen Konsens - als das Problem aller Probleme benannt. Es bleibt allerdings der substanzielle Mangel, der die rot-grüne Arbeitsmarktpolitik wie ein roter Faden durchzieht: Die planerischen Verpflichtungen aus Nürnberg gehen - wie der mit den Hartz-Gesetzen zementierte Ansatz - davon aus, dass die Beschäftigungskrise ihre Hauptursache in der unzureichenden Effizienz der Agentur hat. Historisch erinnert das Nürnberger Angebot in fataler Weise an die bis ins Lächerliche getriebene Gegenplanbewegung der verblichenen DDR. Auch damals überbot man sich mit subalternen Selbstverpflichtungen gegenüber der Zentrale in Berlin. Zweifellos verfügt die 90000-Mann-Behörde wie auch ein damaliges Kombinat über beträchtliche Reserven bei der Erfüllung ihrer Pflicht. Doch selbst die agilste Agentur kann nur solche Jobs vermitteln, die real vorhanden sind. Schon rein rechnerisch übersteigt seit Jahren die Zahl der Arbeitssuchenden die der freien Stellen um ein Vielfaches. Selbst wenn jeder Fleischer im Handumdrehen als Ingenieur oder umgekehrt einsetzbar wäre, blieben derzeit Millionen auf der Straße. Da hilft der brachialste Voluntarismus nicht. Der Schlüssel fürs Beschäftigungsproblem liegt nicht in Nürnberg. Er liegt in Berlin, unabhängig vom Farbenspiel der politisch Agierenden: Solange man sich an der Spree nicht von neoliberalen Denkschablonen verabschiedet, bleibt ein existenzsichernder Job für die meisten Arbeitslosen ein frommer Wunsch.
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