Nichts über die Köpfe der Bürger entscheiden

Diskussion im Alten Rathaus zur Bewerbung Potsdams als Kulturhauptstadt

  • Gerlinde Schneider
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Gerade noch rechtzeitig vor dem Abgabetermin der Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas hat der Kulturausschuss des Europäischen Parlaments am Dienstag klargestellt, dass die deutsche und damit die Potsdamer Anwartschaft auf den Titel »Kulturhauptstadt 2010« gesichert ist. Gleichzeitig wird immer wahrscheinlicher, dass mit Budapest, der Hauptstadt eines EU-Beitrittslandes, eine weitere Stadt Anwärter für den Titel ist. Zuvor hatte vor allem EU-Kulturausschussvorsitzender Michel Rocard die 1999 durch die Europäische Kommission festgelegte Reihenfolge der Ausrichterländer für die Kulturhauptstadt in Frage gestellt und für ein neues Auswahlverfahren geworben. Dies hätte das Aus für die deutsche Nominierung für das Jahr 2010 bedeutet. Insgesamt bewerben sich neben Potsdam weitere 16 deutsche Städte um den Titel. »Voraussichtlich im Frühsommer 2005 werden Bundesrat und Auswärtiges Amt ihre nationalen Vorschläge nach Brüssel melden, und dort wird bis Frühsommer 2006 die Entscheidung fallen, welche Stadt den begehrten Titel erhalten wird«, sagte Moritz van Dülmen, der Projektmanager der Kulturhauptstadt Potsdam GmbH, am Dienstagabend im Potsdamer Alten Rathaus während einer Podiumsdiskussion. Unter dem Slogan »Stell Dir vor... Potsdam ist Kult!« werden derzeit die Bewerbungsunterlagen vorbereitet, die am 30. März in der Orangerie an Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) übergeben werden sollen. Man werde es nicht zulassen, dass über die Köpfe der Potsdamer hinweg etwas passiert, schließlich müsse die Bevölkerung nachhaltig etwas von der Kulturhauptstadt haben, sagte die stellvertretende Vorsitzende des eigens für die Bewerbung gegründeten »Kulturhauptstadtvereins«, Fedis Mahrla. Sie widersprach damit Eberhard Kapuste, Vorsitzender des Potsdamer Kulturausschusses, der meint, dass Europa die Zielgruppe der Bewerbung sein müsse. Wieland Eschenburg als Vorsitzender des Pfingstbergvereins beschwor ebenfalls Bürgerengagement. Dabei sei es selbstverständlich, dass auch Berlin und das Umland mit einbezogen wird. Gert Streidt, Direktor des Hauses der Preußisch-Brandenburgischen Geschichte, stellte klar, dass für eine erfolgreiche Bewerbung eine Einbeziehung der weltweiten Ausstrahlung der Potsdamer Schlösser und Gärten unerlässlich ist. Aus dem Publikum kamen interessante Hinweise für die Nutzung des Wissenschaftsstandortes und der unbedingten Symbiose von Hochkultur und zeitgenössischer Kunst. Die PDS-Stadtverordnete Karin Schröter warb dafür, dass die weitere kommunale Finanzierung der Kultur ein wesentlicher Ausgangspunkt für die Bewerbung sein müsse. Offen blieb erneut, ob das Stadtschloss auf dem Alten Markt wieder entstehen sollte, einig war man sich jedoch darin, dass auf der Brache etwas bewegt werden müsse. Bedenken will man auch den Einwand des Potsdamer Studierendenparlaments - das sich bislang gegen eine Unterstützung für die Bewerbung ausspricht -, dass die Alltagskultur nicht auf der Strecke bleiben darf und die...

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