Steine gegen McDonalds

Juristisches Nachspiel eines Protestes gegen Bush

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Rückblende: Mai 2002. Dschordsch Dabbelju weilt in Berlin. Die Stadt ist eine einzige Festung. Überall unüberwindliche menschliche Mauern in Polizeiuniform, Gitterabsperrungen durchschneiden ganze Viertel. Die Wut über den rücksichtslosen Weltgendarm schlägt auch in Berlin hohe Wellen. Gegen Mitternacht des 22. Mai fliegen im Stadtzentrum an der Ecke Liebknechtstraße/Spandauer Straße Pflastersteine, einer trifft ein Fahrzeug des Bundesgrenzschutzes. Glas zersplittert. Wenig später donnern Steine gegen die Scheibe von McDonalds. Drinnen sitzen Leute, sie bleiben verschont, das Glas hält. Als Täter werden aus der Menge heraus von der Polizei Jörg T. (31) und Stephan S. (23) ausgemacht. Gestern standen sie wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und schweren Landfriedensbruchs vor Gericht. Das Urteil war schnell gesprochen, man hatte sich vorher in einem so genannten Rechtsgespräch mit Gericht, Anklage und Verteidigung geeinigt: Die Angeklagten nehmen Schuld auf sich und gestehen, dafür verzichtet das Gericht auf Beweisaufnahme und Zeugenanhörung. Gesagt, getan. Ein Jahr und sechs Monate für den einen, ein Jahr und drei Monate für den anderen Angeklagten. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Ursprünglich wollte die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung ohne Bewährung erreichen. Doch mit diesem Spruch waren dann alle zufrieden. Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie - so löste einst Jesus das Steinproblem mit seinem Rat an die Schriftgelehrten und Pharisäer, die dann ohne Wurf auf das sündige Weib von hinnen zogen. Das Wort Jesu ist schwer auf die heutige Zeit übertragbar, regt aber doch zur Nachdenklichkeit an. Sind die beiden modernen Steinewerfer Chaoten und Randalierer, denen unser aller Verachtung gilt? Oder gehören sie zu den wenigen, die mehr machen wollen, als nur schlaffes Demonstrieren? Oder: Muss man gegen McDonalds und die US-amerikanische Allmachtsideologie nicht ein deutliches Zeichen setzen, gegen einen Konzern, der für viel Unrecht in der Welt steht? Darf man dabei das Leben und die Gesundheit Unschuldiger in Gefahr bringen? Wer aber ist unschuldig? Der Kreis schließt sich. Ein wenig Zeit bleibt für Stephan, dem Gericht aus seinem Leben zu erzählen. Viele glückliche Momente waren nicht dabei. Und wer auf der Schattenseite der Gesellschaft lebt, greift schneller zum Stein. Akzeptanz nein, doch zumindest verdient er Verständnis dafür, dass nic...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.