Stimmung der Fondsanleger kippt

Initiative Bankenskandal: Land nicht haftbar für Verluste der Einzelanleger

  • Anke Engelmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Vor Ende des Jahres sei eine Gerichtsentscheidung zur Ablehnung des Volksbegehrens gegen den Bankenskandal nicht zu erwarten, schätzte Professor Peter Grottian gestern bei der Pressekonferenz, auf dem die »Initiative Berliner Bankenskandal« ihren Einspruch gegen die Entscheidung des Senats der Öffentlichkeit vorstellte. Auf 32 Seiten beschäftigten sich die Rechtsgutachter der Initiative sowohl mit Rechtsfragen zum Thema Bankgesellschaft als auch der Ablehnung des Plebiszits. Am 3. Februar war der Antrag »Volksbegehren Schluss mit dem Berliner Bankenskandal«, für den die Bürgerinitiative mehr als 34500 gültige Unterschriften gesammelt hatte, vom Senat abgewiesen worden. Ein Plebiszit, das den Landeshaushalt berühre, verstoße gegen die Berliner Verfassung, begründeten die Politiker ihre Haltung. »Wir sparen dem Land Geld«, hält die Initiative dagegen. Zudem sei eine solche Rechtsauslegung eine »Misstrauenserklärung an das Volk«. Die von der Initiative angestrebte Aufhebung des Risikoabschirmungsgesetzes, mit dem das Land Berlin Garantien in Höhe von 21,6 Milliarden Euro übernimmt, sowie eine »produktive Entflechtung des Bankenkonzerns« werde langfristig zu höheren Einsparungen führen als die derzeit praktizierte Strategie des Senats, meinen die Initiatoren. Das Gericht betrete juristisches, politisches und ökonomisches Neuland, wenn es das Plebiszit als »Chance und Herausforderung« betrachte. Der rot-rote Senat hingegen ist bislang einig, dass das Risikoabschirmungsgesetz für das Land Berlin das kleinere Übel darstellt. Für die PDS-Fraktion gebe es nach wie vor »gute Gründe« eine Insolvenz abzuwenden, hatte Stefan Liebich, Fraktionsvorsitzender der PDS, nach einem Gespräch mit der Initiative »Bürger gegen den Bankenskandal« erklärt. Eine Insolvenz wäre keine wirtschaftlich und finanziell tragfähige Lösung für das Land Berlin, ließ auch die SPD verlauten. Es gebe deutliche Anzeichen, dass die »Stimmung« bei den Fondsanlegern »langsam kippt«, schätzt Rechtsanwalt Stefan von Raumer. Die meisten der Anleger gingen »nicht mehr von einer 100-prozentigen Haftung« aus. Zudem seien viele von ihnen beunruhigt, weil das Land als Garantieträger allem Anschein nach immer ärmer werde. »Viele von ihnen wären froh, wenn endlich Verhandlungen für einen Vergleich begännen«, ergänzte Professor Rolf Kreibich von der Initiative »Bürger gegen den Bankenskandal«. Derzeit klagen 650 Fondszeichner gegen die Bankgesellschaft und das Land Berlin, weil die Fonds ihre Gewinnausschüttungen teilweise einstellen mussten. Nutznießer des Risikoabschirmungsgesetzes, das sich allein auf die Geschäfte der Bankgesellschaft bezieht, seien jedoch nicht die Anleger, und das Land sei nicht haftbar, so die Meinung des Rechtsexperten Professor Albrecht Dehnhard. Die Initiative plane, die Anleger zu einer Vollversammlung einzuladen, ergänzte Professor Grottian. Ein Termin dafür stehe noch nicht fest.
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