Kein Risiko
Puerto Rico erlebt täglich eine Invasion. Denn dort wird für den Ernstfall in Haiti trainiert. Dieser werde auch zwangsläufig kommen, stellten die stellvertretenden Außen- und Verteidigungsminister der USA klar. Mit UNO-Genehmigung soll eine „multinationale Truppe“ die nicht mehr zeitgemäßen Militärs Haitis festnehmen oder zumindest deren exponierte Vertreter Multinational bedeutet: Oberbefehl der USA, die etwa 9 000 Soldaten einsetzen wollen, plus 266 Blauhelme aus karibischen Staaten. Die ehemaligen Kriegsgegner Argentinien und Großbritannien haben etwa 700 Mann und Marineschiffe zugesagt.
Die UNO hat bei dieser Invasion nichts zu melden. Die USA bestimmen allein, ob und wann sie Lateinamerikas ärmsten Staat besetzen. Bisher allerdings ist ih-
nen das Pulverfaß Karibik noch zu heiß, und die nötige Publicity ist auch nicht garantiert. Nicht einmal das Embargo wurde effektiv umgesetzt. Und die Invasion mit Vorankündigung läßt den mordenden Herrschern Haitis genug Zeit, ihre Vorbereitungen zu treffen.
Ihr freiwilliger Rücktritt ist nicht zu erwarten, und bei einem Einmarsch würden sie lediglich der legitimen Regierung Haitis überstellt werden. Doch selbst wenn Aristide wieder an die Macht käme, wäre er weiterhin auf die USA angewiesen. Und die haben kein Interesse an einem Regierungschef, der die Befreiungstheologie vertritt. Sie wollen ohne Verluste ihren Einfluß behalten. Das ist das anzustrebende Ergebnis, das zu einem Erfolg der Demokraten bei den anstehenden Kongreßwahlen beitragen soll.
CHRISTIAN ANSLINGER
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