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  • Sport
  • Da irrt Dynamo Dresdens Präsident Rolf-Jürgen Otto:

Der DFB schaute nicht tatenlos zu, er half kräftig mit

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daß im Falle eines Transfers von Vertragsspielern künftig immer die Freigabe durch den Verband vorliegen muß.“ Danach wäre der Einkauf wie im Selbstbedienungsladen nicht möglich gewesen.

Dieser zweigleisige Weg zu einer späteren Vereinigung ins Auge gefaßt war ein Zeitraum nicht unter zwei Jahren - war in FIFA- und UEFA-Führungskreisen vollkommen logisch. Schließlich waren ja die DDR-Mannschaften für die kommenden internationalen Höhepunkte bereits ausgelost. Die A-Auswahl für die EM-Endrunde 1992 in Gruppe 5 zusammen mit der BRD, mit Belgien, Wales und Luxemburg, die Junioren-Auswahlteams der u. 16, der u. 18 und der u. 21, für die es zugleich um die Olympia-Qualifikation ging-

Belgien hatte das EM-Qualifikationsspiel gegen die DDR langfristig vermarktet, deshalb wurde es auch als Länderspiel ausgetragen, nachdem der DFV der DDR seine Mannschaften zurückgezogen hatte. Das Länderspiel Nummer 293 war zugleich das letzte offi-

zielle Spiel einer DDR-Mannschaft. Es fand am 12. September 1991 in Anderlecht statt. Matthias Sammer schoß damals beide Tore zum 2-.l-Erfolg. Da war der Dresdener bereits für 1,9 Millionen von Stuttgart gekauft und später für 9 Millionen nach Italien weiterverkauft worden.

Zurück in die Urphase der „Vereinigung“ Die Präsidien beider Verbände beschlossen auf ihrer ersten gemeinsamen Tagung am 19 Mai 1990 in Westberlin, die Vereinigung auf den März/April 1992 festzulegen. Und noch am 25. März 1991 sagte der Präsident der UEFA, Lennart Johannsson: „Die Fußballklubs der Ex-DDR werden in der kommenden Saison in den europäischen Cupwettbewerben vertreten sein.“ Erst wenn sie 1992/93 voll in den DFB integriert sind, werden sie „ihren separaten Status verlieren“

Bei der Weltmeisterschaft im Sommer 1990 in Italien bekräftigten FIFA-Vizepräsident Neuberger und das UEFA-Exekutivmitglied Günter Schneider (DFV) ihre Entschlossenheit, den eingeschlagenen Weg

so und nicht anders zu gehen. Von Neuberger (1992 verstorben) war ohnehin bekannt, daß er keine überstürzten Aktionen mochte, sondern alles in Ruhe zu regeln versuchte. So gab es die Vorstellung, daß später nach dem Zusammenschluß in der 1. Bundesliga beide Meister sowie die jeweils für die UEFA-Cup-Wettbewerbe qualifizierten Mannschaften spielen sollten. Der 5. und 6. der DDR-Oberliga sollte gegen den 13. und 14. der Bundesliga um zwei weitere Plätze spielen.

Im Nachhinein stellt sich die Frage: Wenn Einigkeit über den separaten Status des ehemaligen DDR-Fußballverbandes bis in die UEFA- und FIFA-Spitzen bestand, wie wurde er wann verspielt?

Während und nach der WM 1990 setzte eine Pressekampagne gegen die schrittweise Annäherung im Fußball ein (alle anderen Sportverbände außer Angeln, Motorsport und Bogenschießen wurden ja sehr schnell vereinnahmt). Der auf dem 8. DFV-Verbandstag zum Präsidenten gewählte Dr Georg Moldenhauer (Magdeburg)

stellte in „Bild“ die Lebensberechtigung seines separaten Ostverbandes selbst in Frage. Und DFB-Jurist Eilers verstieg sich zu dem „Nachweis“, daß eine Vereinigung juristisch gar nicht möglich sei: also Auflösung. Die folgte auf dem Fuße.

Im November 1990 tagte in Leipzig das DFV-Präsidium unter Moldenhauers Leitung. Es beschloß die Auflösung des Verbandes. Eine Stunde später wurde der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) gegründet. Und zwei Stunden später folgte der Antrag, dem DFB beizutreten.

Dies, Herr Otto, ist vor allem dem DFB vorzuwerfen: Er unterlief mit tatkräftiger Hilfe aus dem Osten die eigenen, mit den Internationalen Föderationen abgestimmten Festlegungen. Die unterlassene Hilfestellung des DFB war kein Versäumnis. Sie war erklärte Absicht. Denn die vorgesehene vernünftige Lösung im Sinne des Fußbällsports in Ostdeutschland hätte das Ausräubern der Vereine als billige Talenteshops unterbunden oder zumindest erschwert. Sie hätte einer möglichen Konkurrenz Vorschub geleistet und die konservative Struktur der Bundesliga gefährdet. Und das galt es zu verhindern. .

Nichts unbedingt Neues, aber fast Vergessenes und deshalb schon wieder interessant, nachdem Präsident Otto den Stein warf, der Kreise zieht.

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