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  • Sport
  • Ein Abschied in Unverständnis

Der alte Mann und Olympia

  • Lesedauer: 2 Min.

pische Idee heiße immer Überwinden von Widerständen, ein Erkennen, das immer auf Bewirken dränge, das die Dinge nicht treiben läßt und das den mechanischen Gang der Uhren nicht mit dem Gang der Geschichte gleichsetzt. Er sagt, er habe zu keinem der Probleme Lösungen, er verzichte auch auf Appelle und die Propagierung von Regeln. Er sagt auch, er werde heute wahrscheinlich nicht leicht zu verstehen sein, wie alles eigenständige Denken, das sich um immer neue Erkenntnisse bemühe.

Wie der alte Mann so durch die gesammelte Weisheit seines 81 Jahre alten Lebens streift, machen sich im großen Kongreßsaal erste Unmutsäußerungen breit. Nach 15 Minuten fordert ihn Beifall

auf, doch endlich zum Ende zu kommen. Doch der alte Mann läßt sich in seinem langsamen, immer wieder von Pausen gedehnten Vortrag nicht beirren. Schließlich will er unbedingt noch Carl Jaspers zitieren, der den Kampf großer Athleten einen „liebenden Kampf genannt hat. Nach 20 Minuten bedankt sich der alte Mann für die „Aufmerksamkeit und Großzügigkeit, mit der Sie mir zugehört haben und vielleicht auch bereit sind, sie weiterzuführen. Meine eigene Phantasie reicht aus, um zu wissen, daß es zum Erfolg dieses Kongresses führen würde, diesen Sinn zu verstehen und zu gehorchen.“

Unter lautem ironischen Beifall flüchtet die Versammlung in die verspätete Mittagspause. Zurück bleibt ein alter Mann, der 35 Jahre lang dem IOC als Mitglied gedient, der Olympische Spiele organisiert und den letzten Olympischen Kongreß mit großem Erfolg ausgerichtet hat. Der alte Mann hockt noch lange auf seinem Stuhl. Als die junge Frau den alten Mann aus dem leeren Saal führt, schien es, als nähme Willi Daume endgültig Abschied von Olympia.

GUNTER DEISTER, dpa

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