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Bis jetzt wurde kein Telefonat abgehört

Für obersten Verfassungsschützer endet Integration nicht bei dem Wort Stasi

  • Lesedauer: 2 Min.

Nach den Wahlen werde Zeit sein, ruhiger und gelassener als jetzt über neue Aufgaben und Kompetenzen des Brandenburger Verfassungsschutzes nachzudenken - jetzt wolle er sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. So Wolfgang Pfaff,. seit Dezember 1991 Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz, in dieser Woche vor Journalisten. War es die eher betulich-freundliche Gesprächsführung des Moderators oder der nur spärlich besuchte Gastraum im Alten Rathaus, die den landeshöchsten Verfassungsschützer zu einigem Hörenswerten anregten?

Da wäre zum einen das eindeutige Bekenntnis Pfaffs gegen eine nachrichtendienstliche Überwachung der PDS. Er,

so Pfaff, habe Demokratie immer als integrierend aufgefaßt. „Ich bin für immer wiederkehrende Integration, und die hört auch nicht vor dem Wort Stasi auf.“ Diese Worte des 6Ojährigen Ex-Staatsanwaltes, mit Erfahrungen im Kampf gegen Naziverbrecher wie in der Fahndung nach RAF-Mitgliedern, dürften so manchem in den Ohren klingen. Zumal er sie mit Verweis auf die Brandenburger Toleranz mit der Bemerkung ergänzte, daß den Opfern zwar Genüge getan werden müsse, fünf Jahre nach dem Ende der DDR aber zumindest mit denjenigen Stasi-Leuten, die nichts mit der direkten Ausspionierung der Bevölkerung zu tun gehabt hätten, anders als bisher umzu-

gehen sei. Daß es Pfaff mit der Förderung nach einer integrativen Demokratie ernst meint, will er mit persönlichem Tun unterstreichen. Mitte September wird er sich mit einem ehemaligen RAF-Mitglied, dessen Haftstrafe abgelaufen ist, auf dessen Wunsch treffen.

Pfaff wies mehrfach in der Diskussion darauf hin, daß er kein „Prediger des Verfassungsschutzes“ sein will. Mit ihm sei nicht alles, sondern nur das gesetzlich Festgeschriebene zu machen, und auch das nur gegen gewalttätige Angriffe auf die demokratische Grundordnung. Noch nicht ein einziges Telefonat sei auf Anweisung des brandenburgischen Verfassungsschutzes abgehört worden, so Pfaff. Aller-

dings ist der Verfassungsschutzchef wohl auch niemand, der sich die Auflösung der Behörde auf die Fahnen geschrieben hat. Eines von seinen Nachwahl-Themen: Wie wird der Verfassungsschutz gesetzlich legitimiert, anders als bisher mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Ohne, so Pfaff, jemals exekutive Gewalt (Durchsuchung, Ermittlung, Festnahme, Haftbefehle) zu erhalten. Atom-Mafia, organisierte Kriminalität überhaupt und Rechtsradikalismus - das seien Herausforderungen für die Verfassungsschützer, die eine „neue Justierung“ ihres Dienstes verlangten. Wie gesagt, nach den Wahlen. Also bald.

ANDREAS GERLOF

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