Offener Konflikt USA – Rußland
Jelzin beim KSZE-Gipfel in Budapest: NATO-Erweiterung ist „Kalter Frieden“
Budapest (Reuter/ddp/ADN/ND). Zwischen den USA und Rußland ist ein offener Konflikt über die Osterweiterung der NATO ausgebrochen. Beim KSZE-Gipfel in Budapest warnte der russische Präsident Boris Jelzin am Montag vor einem „Kalten Frieden“ in Europa und warf der NATO vor, Mißtrauen zu säen. US-Präsident Bill Clinton betonte dagegen, niemandem stehe ein Veto zu. Auch Bundeskanzler Helmut Kohl verteidigte die NATO-Pläne.
Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages in Budapest: Die Präsidenten Boris Jelzin, Bill Clinton, Leonid Kutschma (Ukraine) und Premier John Major (sitzend von links) Foto: Reuter
Jelzin sagte, sein Land sei besorgt über die Entwicklungen in der NATO. Schließlich wären Rußland und die Allianz keine Gegner mehr. Er wandte sich gegen Überlegungen, daß man die NATO nach Osten ausdehnen müsse, um auf ein Scheitern der Reformen in Rußland vorbereitet zu sein.
In NATO-Kreisen wurde Jelzins Rede vor den rund 50 Staats- und Regierungschefs der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) als Verhärtung seiner Position interpretiert. Bislang sei man davon ausgegangen, daß Rußland nur über die Modalitäten der Erweiterung besorgt sei, hieß es. Widerstand gegen die NATO-Pläne hatte Jelzin bereits am Sonntag bei seiner Abreise zu dem KSZE-Gipfel angedeutet. Offenbar mit Blick auf diese Äußerungen bekräftigte Clinton, daß keinem Land außerhalb der Allianz ein Veto gegen die Erweiterung zugestanden werde. Dagegen zeigte Frankreichs Präsident Frangois Mitterrand Verständnis für die Befürchtungen Rußlands, isoliert zu werden.
Kohl verteidigte die schrittweise Ausdehnung von NATO und Europäischer Union als Teil eines gesamteuropäischen Sicherheitskonzepts. Die Allianz sei nicht nur für ihre Mitglieder, sondern, für ganz Europa ein Eckpfeiler der Sicherheit und Stabilität. Zugleich sprach er sich für eine intensive Partnerschaft mit
Osteuropa aus, insbesondere mit Rußland und der Ukraine. Letztere trat wie auch andere ehemalige Sowjetrepubliken am Rande der Konferenz dem Atomwaffensperrvertrag bei.
Clinton und Kohl riefen dazu auf, durch die Annahme des internationalen Friedensplans den Krieg in B.osnien zu beenden. Zu diesem Ziel können
nach den Worten von UNO-Generalsekretär Boutros-Ghali nur Verhandlungen führen. Bosnien und andere Konflikte hätten gezeigt, das militärische Lösungen nicht aufgingen, sagte er. Bosniens Präsident Alija Izetbegovic warf der internationalen Gemeinschaft dagegen vor, Bosnien-Herzegowina zu opfern und den bosnischen Serben zu erlauben, UNO-Soldaten und NATO zu demütigen. „Gegen eine ernste Krankheit haben sie Beruhigungstabletten verabreicht“, kritisierte Izetbegovic.
Eine Einigung über die Entsendung einer KSZE-Friedenstruppe nach Berg-Karabach
zeichnete sich zum Ende des ersten Beratungstages ab. Damit würde erstmals in der Geschichte der KSZE eine Friedenstruppe der Konferenz zum Einsatz kommen. Ob die Truppe aber unter Moskaus Kommando steht, wurde von Beobachtern für unwahrscheinlich gehalten.
Der Beitritt der Ukraine, Belorußlands und Kasachstans zum Atomwaffensperrvertrag ist das einzige greifbare Ergebnis des ersten Tages des KSZE-Gipfels. Mit den Unterschriften unter das Dokument wird der Weg frei für die Umsetzung des START-I-Vertrages. (Seite 6)
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