Von ARTHUR BOECK
Beim Start in die letzte Verarbeitungskampagne gab es in der Noch-DDR 43 Zuckerfabriken. Die Zahl in der heutigen BRD beträgt exakt 42, Wie erklärt sich diese deutsch-deutsche Annäherung, zahlenmäßig gesehen?
Wie einst Friedrich der Zweite die Region östlich von Bad Freienwalde-Wriezen-Seelow durch Flußverlegung und Melioration „in Frieden erobert“ hat, so .kam auch der Zuckerkonzern Pfeifer & Langen mit Hauptsitz in Köln friedlich zum Zuge. Nach der Abwicklung der Zuckerfabriken Letschin und Nauen hat sein lOOprozentiges Tochterunternehmen Diamant-Zuckerfabriken GmbH & Co KG zum letzten Schlag im Land Brandenburg ausgeholt: Wie ND bereits berichtete, bedeutet das Ende dieser Verarbeitungskampagne für die Zuckerfabrik Thöringswerder das Aus.
Im Unterschied zu anderen Wirtschaftszweigen der Ex-DDR kam die Treuhandanstalt bei der Verhökerung im Zukkersektor ruckzuck voran. Die ersten ostdeutschen Fabriken
keraktiengesellschaft Uelzen-Braunschweig. Diese Unternehmen hatten den Zuschlag gegenüber der Konkurrenz insbesondere aus Italien und Frankreich erhalten. Daß ein
So verlautete es noch im September 1990 in den Agrarpolitischen Mitteilungen aus dem Bonner Ministerium für Ernährung, Landund Forstwirtschaft - „für die DDR“
waren schon am 1. Juli 1990 privatisiert, die letzten im Mai 1991. Mit von der Partie waren neben dem Kölner Konzern, der außer den drei brandenburgischen Werken weitere sieben Fabriken aus Sachsen-Anhalt erwarb, vor allem die Südzucker AG Mannheim/ Ochsenfurt, der Zuckerverbund Nord AG und die Zuk-
dänisches Unternehmen die Fabriken in Anklam und Stralsund erwerben konnte, scheint ein Alibi der Treuhand.
Dabei zählte die Zuckerindustrie keinesfalls zum Tafelsilber der einstigen DDR. Hier waren nach Kriegsende zahlreiche Zuckerfabriken für die Sowjetunion demontiert worden, zum Beispiel in Malchin
und Strasburg. In viereinhalb Jahrzehnten gab es nur zwei Neubauten, in Delitzsch und Güstrow Alle 43 Fabriken waren im Laufe der Zeit in die Jahre gekommen und wurden nur durch Flickschusterei am Leben gehalten. Im Verlaufe einer Verarbeitungskampagne produzierten rund 115 000 Arbeiter ca. 900 000 Tonnen Zucker Nicht zuletzt ob der Rohzuckerimporte aus Kuba waren lukrative Zuckerexporte in die Alt-BRD und nach Berlin (West) möglich.
Nach dem Aus der 127jährigen Zuckerfabrik Thöringswerder soll es in ihrem bisherigen Einzugsgebiet und in der Nauener Region, so in Brüssel keine anderen Zeichen gesetzt werden, bei einer Jahresquote von 330 000 Tonnen Zuckerrüben bleiben. Diese Menge wird ab 1995 im 250 km entfernten Könnern bei Halle verarbeitet. Der Neubau des Kölner Konzerns mit einer Tageskapazität von 16 500 Tonnen
kostete 480 Millionen DM und die zehn Werke aus uraltdeutschen Zeiten das Leben.
Ob die modernisierte Zukkerfabrik im sachsen-anhaltinischen Könnern in puncto Effizienz und umweltfreundlicher Verarbeitung die Nr..l in Europa oder gar in der Welt darstellt, darüber mögen Experten befinden. Die Rübenbauern sehen höhere Kosten ins Haus stehen, da die Fabrik den Transport nur bei einem Schmutzanteil bis zu fünf Prozent zahlt - und das will bei Oderbruch-Rüben erst einmal erreicht werden. Mehrkosten entstehen auch durch innerbetriebliche Zwischentransporte und Zwischenlagerungen der Rohware für den Abtransport mit 26-Tonnen-Kippern, denen feuchte Böden schon am Feldrand Einhalt gebieten.
Außerdem werden diese schweren LKW nun alljährlich zwischen Ende September und Mitte Dezember durch die Lande rollen.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/522881.ost-zuckerrueben-westzuckerrueben-n-wer-ist-suesser.html