wird auf einem Plateau mit Blick auf Hebron, die Stadt des palästinensischen Feindes, begraben. Dem Beschluß lag die richtige Annahme zugrunde, die Armee würde eine Bestattung auf dem jüdischen Friedhof in Hebron ablehnen, um die arabische Bevölkerung nicht zu provozieren.
Ob der Platz in Zukunft überdacht und damit zur Kultstätte rechtsextremer Siedler wird, bleibt vorerst ungeklärt. Für religiöse Versammlungen mit politischem Charakter jedenfalls bietet der Ort bereits jetzt beste Voraussetzungen. Mehrere Dutzend Siedler gedenken mindestens einmal wöchentlich des Mannes, der aus ihrer Mitte stammt.
In der Nähe des Meir-Kahane-Parks steht die Imbiß-Bude von David P Seinen wirklichen Namen verheimlicht er, denn: „Seit Baruch Goldstein seine Mission erfüllt hat, will die linke israelische Regierung Kiryat Arba zerstören.“ Tatsächlich wurden seit Mitte September über ein Dutzend Bewohner von Kiryat Arba in Untersuchungshaft genommen, nachdem sich der Verdacht erhärtet hatte, daß sie in eine rechtsterroristische Untergrundbewegung verwickelt sind. Die Staatsanwaltschaft spricht von Festnahmen „im letzten Augenblick“ Noch im September hätten einige von ihnen Gebäude palästinensischer Insti-
tutionen in die Luft sprengen, arabische Geschäftsleute entführen und so den Friedensprozeß torpedieren wollen. Das erste Angriffsziel wäre das Ost-Jerusalemer Orient-Haus gewesen, das der PLO als diplomatischer Knotenpunkt ins Ausland dient.
David ist 40 Jahre alt und lebt seit zwölf Jahren in Kiryat Arba. Zum ersten Mal hat er „Wut im Bauch“. Konspirativität vorgebend, flüstert er: „Wissen Sie, wir sind die letzten Pioniere des 20. Jahrhunderts, und Pioniere sind hart im Nehmen.“ So wie Goldstein, fährt er fort, der genau erkannt habe, daß die israelische Regierung mit den Arabern gemeinsame Sache gegen den Zionismus macht. „Die Araber haben sich nicht geändert, der Antisemitismus sitzt ihnen im Blut. Nur Gewalt beeindruckt sie, dann winseln sie wie die Hunde.“ Und Rabin, Peres, die isarelische Regierung? „Verräter, am jüdischen Volk, Arafat ist für sie koscher, und wir gelten als böse Buben.“ Als Beweis für seine Verteidigungsbereitschaft zeigt er die Maschinenpistole, die er auch während des Sandwich-Zubereitens trägt, lädt sie ostentativ durch und legt sie auf den Tresen. „Goldstein hätte vor Hebron noch Rabin aufsuchen sollen“, murmelt er.
Die rassistische und antistaatliche Denkweise Davids
paramilitärischen Übungen, die am helllichten Tag auf den Feldern abgehalten werden.
Armee und Polizei intervenieren nicht - etliche der Soldaten, die unten in Hebron Zusammenstöße zwischen Siedlern und Arabern verhindern sollen, wohnen selbst hier. Jedes zweite Fahrzeug, das die Straße passiert, ist ein Armeelaster oder Jeep. Kein Wunder, denn die Armee unterhält hier ein Lager für automatische Waffen, Munition und andere Gerätschaften. Die Siedler genießen unkontrollierten Zugang, lassen ihre registrierten
Waffen dort überholen oder austauschen. Die Siedlung ist zudem eines der wichtigsten Zentren für militärisches High-Tech-Material wie Funkanlagen, Ferngläser, Zielfernrohre, Frühwarnsysteme. Jedes Siedlerauto ist durch dieses System automatisch mit Armee, Polizei und Grenzschutztruppen verbunden und kann Tag und Nacht Informationen weitergeben und Hilfe anfordern. Die Siedler - jeder über 18 Jahren ist berechtigt, eine MPi zu tragen - fungieren als Teil der Armee, offiziell als „territoriale Verteidigungseinheiten“ im Reservedienst bezeichnet.
Davids Uzi wurde mehrmals beschlagnahmt, wie er sagt, da er öfters in der Nähe palästinensischer Demonstrationen gesehen wurde, bei denen auch Schüsse fielen und einige palästinensische Jugendliche starben. Er erhielt seine Waffe meist am selben Abend wieder zurück. Was er denn dort gemacht habe? Seine kurze und mißtrauische Antwort: „Woher soll ich wissen, daß ihr nicht für den Shabak (israelischer Inlandsgeheimdienst - X. B.) arbeitet?“ Er bestreitet vehement, Mitglied einer Miliz zu sein. Und doch haben die meisten Siedler lose oder feste Kontakte zu Gruppen wie dem „Komitee für Sicherheit auf den Straßen“, das bei Ausbruch der Intifada von der rassistischen „Kach“ gegründet wurde. Es hat seinen Sitz in -Kiryat Arba. Mittlerweile gibt es Zellen der paramilitärischen Miliz in fast allen Siedlungen der Westbank und Gazas. Seit der israelische Polizeiminister Roni Milo 1992 sein Plazet gab, patrouillieren die Einheiten legal außerhalb der Siedlungen. Vor allem in Hebron, an Wochenenden und jüdischen Feiertagen auch um andere Siedlungen, führen die schwer bewaffneten Milizen Körperdurchsuchungen durch, errichten Straßenblockaden und schlagen nicht selten Palästinenser auf offener Straße zusammen.
Doch die Beweggründe der gewalttätigen Siedler ausschließlich auf Rassismus zurückzuführen, läßt einen wesentlichen Aspekt außer Acht, nämlich eine ganz spezielle, religiös-nationalistische Ideologie mit den zentralen Begriffen „Boden“ und „Erlösung“: Wenn alle über die Welt ver-
streuten Juden das Land Israel („Eretz Israel“) in seinen biblischen Grenzen besiedelt haben, so lautet die Lesart zusammengefaßt, dann ist die Zeit der Unterjochung durch andere Völker vorbei und der Tag des Messias bricht an, der den Juden und dem Heiligen Land die Erlösung bringt. Die Aufgabe der messianischen Siedler besteht ihrem Selbstverständnis nach darin, diesen Prozeß zu beschleunigen. Die Präsenz von NichtJuden, die nicht einmal als Geschöpfe Gottes angesehen werden, verunreinigt das nach historischem Geburtsrecht beanspruchte Land. Deshalb sind alle Mittel legitim, ja von Gott genehmigt, um es zu säubern. Rabbi Eiba aus Kiryat Arba beispielsweise, der im Zusammenhang mit der vermuteten rechten Terrorbewegung festgenommen wurde, hatte das Goldstein-Massaker in einer theologischen Broschüre gerechtfertigt, indem er das biblische Gebot „Du sollst nicht töten“ ausschließlich auf Juden bezog. Für Juden, die Nichtjuden töten, habe es keine Geltung, hieß es in dem 13seitigen Pamphlet, das in etlichen religiösen „Yeshiva“-Schulen ernsthaft diskutiert wurde.
Doch für David spielt Religion eine untergeordnete Rolle. „War nett, sich mit euch zu unterhalten“, sagt er zum Abschied und fügt in einer Mischung aus Augenzwinkerei und Drohgebärde hinzu: „Fallt nicht auf die antizionistische Propaganda herein. Wenn Clinton, Rabin und Arafat uns aus Kiryat Arba vertreiben wollen, dann werden sie sich schwer tun: Wir haben nicht nur Waffen, sondern verfügen auch über die stärkere Idee.“
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/523117.und-baruch-goldstein-ein-held.html