Rußlands selbsternannter „Führer“ Alexander Barkaschow (4*1), dessen „Bewegung“, die „Russische Nationale Einheit“ (RNJ), auf eine baldige „Machtergreifung“ setzt, findet mit seinem antisemitischen, antidemokratischen Programm auch bei Historikern seines Landes Schützenhilfe. Außer der „jüdischen Weltverschwörung“, die das ganze „bolschewistische
Elend“ verursacht habe, seien auch die Freimaurer an allem Unglück seit 1917 Schuld. Das erinnert an Zeiten, da in Deutschland Juden und Freimaurer als Feindbilder dienten.
Schon in den 20er Jahren hatten der „ruhmreiche“ General des ersten Weltkrieges Erich Ludendorff und dessen Frau Mathilde jüdisch und freimaurerisch als austauschbare Begriffe erklärt und den Johanniterorden gleich einbezogen. Sie „belegten“, daß Luther, Mozart, Lessing, Schiller mit „Sicherheit“, Bach, Fichte, Leibniz, Schubert und Nietzsche „wahrscheinlich“ von Freimaurern ermordet worden seien. Da es zu Luthers Zeiten noch keine Freimaurer gab, mußte Melanchton als Johanniter mit „jüdischem Blut“ als Missetäter herhalten. Mozart, selbst Freimaurer, sei wegen seines Deutschtums umgebracht worden. In gleicher Weise seien die Logenbrüder mit Lessing verfahren, und für Schillers Tod trügen die Logenbrüder Goethe und Johann Heinrich Voß die Verantwortung. Gerichtet worden seien alle wegen ihrer „deutschen Gesinnung“. Bis 1936 erlebte Mathilde Ludendorffs
Schwachsinn („Der ungesühnte Frevel“) eine Auflage von 59 000 Exemplaren.
In Rußland will man nun herausgefunden haben, daß Lenin von Freimaurern ermordet worden sei. Er, der vom Großvater mütterlicherseits jüdisches Blut ererbt habe, sei einst selbst Freimaurer gewesen wie Dzierzynski, Si^ nowjew und Trotzki. Am 5. Dezember 1922 verabschiedete der IV Komintern-Kongreß in Moskau einen Beschluß über die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge mit der in einer KP. Am Tag darauf habe sich Lenin krank gemeldet und am 12. Dezember einen Schlaganfall erlitten. Gestorben ist er zwar erst ein gutes Jahr später, am 21. Januar 1924. Aber auch Papst Clemens XII., der 1738 die Freimaurerei verbot, so die „Experten“, starb erst zwei Jahre darauf (mit 88 Jahren).
Sinowjew, seinerzeit Chef der Komintern, soll sich bei der Abstimmung 1922 der Stimme enthalten haben. Für die Beisetzung Lenins sorgte „Logenbruder“ Dzierzynski. Die Leiche Lenins wurde in altägyptischer Weise, der die Freimaurer angeblich nacheiferten, mumifiziert. Das Mausoleum erhielt die Form eines altbabylonischen Tempelturmes, weil sich die Freimaurer an eben solche vorgeschichtliche Bauten anlehnten. 1953 sei dann Stalin von Juden ermordet worden...
Der Schwachsinn liest sich wie die Elaborate der Ludendorffs. Cui bono? Bärkaschows faschistischer „Bewegung“ allemal. GÜNTER WERMUSCH
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/525391.feindbilder.html