Neuseeländische und australische Forscher machten ein Gen ausfindig, das für Migräne verantwortlich sein könnte. Mit grünem Gemüse kann der Krankheit vorgebeugt werden.
Das Heilmittel heißt Folat, auch Folsäure genannt, und ist das Vitamin B9 aus der Vitamin-B-Gruppe. Migräne steht schon länger in dem Verdacht, auch eine genetische Ursache zu haben, da sie sich unter Verwandten von Betroffenen meist häuft. Bei DNS-Analysen von über 200 Migräne-Patienten und ebenso vielen gesunden Menschen stellten die Forscher fest, dass eine Mutation eines bestimmten Gens (Methylentetrahydrofolat-Reduktase) bei Personen mit der schwersten Migräneform, der so genannten Migräne mit Aura, deutlich häufiger vorlag als bei Personen ohne.
Migräne ist ein weit verbreitetes Leiden, das Frauen mehr betrifft als Männer. Etwa ein Viertel der Betroffenen leidet an der Migräne mit Aura. Eine Aura ist eine Phase mit neurologischen Störungen, wie verschwommener Sicht und ungewöhnlichen Sinneswahrnehmungen, die der eigentlichen Kopfschmerz-Attacke mit Übelkeit, Erbrechen, Überempfindlichkeit gegen Licht und Geräusche vorausgeht. Das Forscherteam suchte gezielt nach dem Gen, da dieses bereits länger mit einem erhöhten Schlaganfall-Risiko in Verbindung gebracht wird. »Darüber hinaus ist bekannt, dass wiederum Personen, die unter Migräne leiden, auch einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, später einen Schlaganfall zu erleiden«, erklärt ein Epidemiologe. »Auf Grund der Genmutation ist bei Migräne-Patienten dann eine höhere Konzentration der Aminosäure Homocystein im Blut sehr häufig.« Folatreiche Ernährung könne den Homocystein-Spiegel senken.
Homocystein ist ein starkes Zellgift, das durch Folsäure abgebaut wird. Ein hoher Homocysteinspiegel begünstigt Gefäßerkrankungen wie Arterienverkalkung und Thrombose und somit Herzinfarkt oder Schlaganfall. »Erhöhte Homocystein-Konzentrationen im Blut stehen mit atherosklerotischen und thrombotischen Erkrankungen im Zusammenhang«, sagt Reinhild Prinz-Langenohl, Ernährungswissenschaftlerin an der Uni Bonn. »Dies konnte recht eindeutig in zahlreichen retrospektiven Studien gezeigt werden.« Mit Hilfe der B-Vitamine B6, B12 und Folat würde Homocystein abgebaut beziehungsweise umgewandelt.
»Folsäure, ein wasserlösliches, hitzelabiles Vitamin, wurde in den frühen 40er Jahren entdeckt, hat aber während langer Zeit keine große Beachtung gefunden«, erklärt Otmar Tönz, emeritierter Chefarzt der Kinderklinik Luzern. Erst in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren sei das Interesse an dieser Substanz fast sprunghaft angestiegen, als sich sein hohes präventiv-medizinisches Potenzial gezeigt habe. Rod Lea, Epidemiologe an der Victoria Universität Wellington, zufolge könnte bei vielen Menschen eine folatreiche Ernährung, beispielsweise mit grünem Gemüse und Obst, oder der Einsatz von Folat-Präparaten als Nahrungsergänzung, helfen, Migräne zu verhindern und auch das Schlaganfall-Risiko senken. »Doch ist es momentan noch zu früh, um zu beurteilen, ob eine folatreiche Ernährung das Allheilmittel für Migräne-Betroffene ist.« Der Vorteil einer solchen Therapie: Sie sei einfach und kostengünstig und könnte auch bei Patienten eingesetzt werden, bei denen übliche Arzneien nicht anschlagen.
Klinische Studien sollen daher nun zeigen, wie effektiv Folat in der Minderung von Migränesymptomen ist. »Die Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Ernährungsforschung haben sich darauf geeinigt, einen Tagesbedarf von 400 Mikrogramm (0,4 Milligramm) zu empfehlen«, erklärt Tönz. Bei schwangeren und stillenden Frauen liegt der tägliche Bedarf noch 200 Mikrogramm höher, da bei Folsäuremangel in der Schwangerschaft beim Kind Fehlbildungen des zentralen Nervensystems entstehen können.
Als folatreiche Lebensmittel empfiehlt Prinz-Langenohl Milchprodukte und Weichkäse, Vollkorn-Getreideprodukte, Blumenkohl, Brokkoli, Grünkohl, Rosenkohl und Weißkohl, Hülsenfrüchte, dunkle Blattsalate und -gemüse wie Spinat, Mangold und Knollengemüse, Fenchel und Rote Beete.
INFO: www.migräne-info.de, www.migräneprophylaxe.de, www.migräneLiga-deutschland.de
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