nd-aktuell.de / 25.02.1995 / Politik

Fremdenfeindlich?

Demonstrationen gegen Ausländerfeindlichkeit verursachten offensichtlich beim oberpfälzischen Regierungsbeamten Richard Mauthner (CSU) Frustrationen größeren Ausmaßes. In einem Leserbrief an die Mittelbayrische Zeitung hatte sich Mauthner kürzlich bitter beklagt, die Öffentlichkeit würde sich im Mordfall Ursula Weinzierl nicht betroffen genug zeigen. Die Taxifahrerin war im Januar in Brück in der Oberpfalz von zwei türkischen Jugendlichen getötet worden.

Mauthner forderte nun moralische Genugtuung: „Man stelle sich vor, zwei junge Deutsche hätten eine Türkin ermordet: Kerzendemo, Lichterketten öffentliche Schambekenntnisse und Besserungsschwüre, Kniefall Bonns in Ankara, Nazikeule aus dem Sack, der erhobene Zeigefinger von Ignatz Bubis und bedeutungsvolles Stirnrunzeln der anderen .moralischen Autoritäten' des Landes! Aber es haben ja zwei junge Türken eine Deutsche ermordet.“

Um Mauthners Schreiben hätte wohl niemand viel Aufhebens gemacht, wäre er nicht pikanterweise der zuständige Regierungsdirektor für die Unterbringung von Asylbewerbern. In seiner Funktion als Beamter hätte er wegen des „Zurückhaltungsgebots“ den wortge-

waltigen Brief nicht schreiben dürfen. Auf ND-Anfrage distanzierte sich der Regensburger Regierungspräsident Alfons Metzger, Mauthners unmittelbarer Vorgesetzter, von dessen Äußerungen. Sie seien „unangemessen“, „nicht zu billigen, ohne Sensibilität für die Betroffenen“ Mauthner vergleiche mit dem Mord in Brück und den ausländerfeindlich motivierten Morden der vergangenen Jahre „Äpfel mit Birnen“

Zunächst erwog man, dienstliche Konsequenzen zu ziehen. Am Wochenende aber teilte die Regierung der Oberpfalz mit, daß sich Regierungspräsident Metzger in einem Gespräch mit Mauthner „davon überzeugte, daß ihm keine ausländerfeindliche Einstellung vorgeworfen werden kann“ Nur, er müsse sich als Beamter zukünftig „mäßigen und zurückhalten“

Äußerst empört reagierte eine Regensburger Friedensgruppe auf Mauthners Versuch, die „Morde von Solingen und Mölln mit dem gewiß verwerflichen Mord von Brück“ gleichzusetzen. Dieter Weber vom Sprecherrat der Gruppe bezeichnete den Brief als schlimm, weil er Ausländerfeindlichkeit schüre.

JÖRN SCHRADER, Reqensburq