nd-aktuell.de / 19.04.1995 / Kultur / Seite 9

Wenn der Topf aber nun ein Loch hat. ..

Böswillige Zungen behaupteten in der Vergangenheit immer wieder, in Magdeburg würde es ganz schön „Apeln“ Aber das waren nicht immer seriöse Stimmen. Bei manchem schielte auch der Neid durch, daß da einer erfolgreich seine Stadt mit Plastiken schmückte, die sogar zum Briefmarkenmotiv wurden. Der „Teufelsbrunnen“ ist eine von Heinrich Apels spektakulären Schöpfungen, und die „Trümmerfrau“, aber auch im Kloster Unser Lieben Frauen hat er sich mit dem „Albertus Magnus“ verewigt.

Heinrich Apel ist der einzige Bildhauer, den ich kenne, der die Besucher seiner Ausstellung zwingt, beim Eintritt in die Werkschau eine seiner Schöpfungen wortwörtlich in die Hand zu nehmen: Die Türklinke zum Kloster Unser Lieben Frauen hat er nämlich auch gemacht. Wer nicht auf den inzwischen goldgelb abgegriffenen, einst bronzefarbenen Klinken-Hut drückt, der bleibt draußen.

Die Werkschau im Obergeschoß des Kreuzganges ist insgesamt erfrischend und unkonventionell. Sie gilt dem 60. Geburtstag des Künstlers und zeigt ihn nicht nur als begnadeten Plastiker, sondern auch als Maler, Applizierer und Montierer. Es geht gleich los mit einer schräg im Raum angebrachten Stoffapplikation zum Thema „Wenn der Topf aber nun ein Loch hat...“ Apel

läßt hier keinen Zweifel, wo das Stroh hin muß. Durchaus traditionsbewußt gibt er dann „Kaiser Otto I. mit seinen Frauen“ - eine Montage aus heraldischen Motiven und sachlicher Stoffmalerei.

Schon diese beiden Auftaktarbeiten lassen anklingen, was beim Rundgang beinahe an jedem seiner Werke auszumachen ist. Bei allem Ernst und aller formalen Strenge findet sich fast überall ein Anflug von heiterer Ironisierung, von Hinter- und Doppelsinn. Das kann sich in der Stoffwahl bemerkbar machen, findet sich aber weit öfter im gestalterischen Umgang mit Details. Sehr plakativ und direkt ablesbar wird dies in der Bildkomposition „Der Weg nach oben“ (1994). Der da emporsteigt, geht nicht nur über Trümmer, er trampelt auch auf den Köpfen anderer herum.

Die subtilere Klinge schlägt Heinrich Apel nach wie vor in seinem ureigensten Metier, in der Plastik. Beziehungsreich nicht nur, daß die fünfteilige Komposition „Vertreibung aus dem Paradies“ in den Wendejahren 89/90 entstand, sie trägt auch noch einen sehr ambivalenten Titel. Das kleine Menschenpaar ist noch gar nicht so recht zum Apfelnaschen gekommen, da naht schon mit großen Schritten der übermächtige Racheengel. Man kann in dem Werk einen Reflex der biblischen Legende erkennen - man kann.