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Atempause für den Laden an der Ecke

Initiative aus Berlin und Brandenburg will Mieten für Gewerberäume begrenzen

  • Lesedauer: 2 Min.

Von WOLFGANG REX, Bonn

Den Drucker Müller vom Berliner Platz der Luftbrücke hat es in diesem Jahr erwischt. Die Miete für seine Gewerberäume wurde verdoppelt. Ursprünglich sollte er sogar das Vierfache der einstigen Miete bezahlen. Im Osten Berlins hätten bereits 50 Prozent der Gründungsmitglieder des Verbandes der Einzelhändler seit 1990 aufgeben müssen, berichtete Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer der Organisation. Die Ironie: Ein Teil davon hatte die DDR überstanden und ging dann in der Marktwirtschaft unter Hauptgrund für das Scheitern, die hohen Mieten.

Der Rechtsausschuß des Bundestages beschäftigte sich gestern in Bonn mit einer Initiative aus Berlin und Brandenburg. Die beiden Länder wollen für einen begrenzten Zeitraum den kleinen Gewerbetreibenden eine Atempause verschaffen. Dazu müßte der Bundestag beschließen, daß bei neuvermieteten Geschäftsräumen die Miete nur um einen bestimmten Prozentsatz steigen darf. Außerdem soll nicht mehr zum Zweck von Mieterhöhungen gekündigt werden dürfen. Es geht zwar um kleine Betriebe. Immerhin, so der Berliner Wirtschaftssenator Hans Kremendahl, beschäftigt allein das Handwerk der Hauptstadt 260 000 Leute. Dazu kämen noch die Stellen

beim Einzelhandel und die vielen Auszubildenden.

Die Bundesregierung verkündete dagegen, das bestehende Recht habe sich auch auf diesem Gebiet bewährt. In die gleiche Kerbe schlugen die Vermieter Wolfgang Gruhn vom Ring deutscher Makler verwies auf die fallenden Mietpreise für Büroräume. Der Fall der Mauer habe den Markt gekippt und für hohe Preise gesorgt, nun gehe es wieder abwärts. Nach 50 Prozent niedrigeren Mieten für neue Büros sehen die Makler eine weitere Senkung um zehn Prozent.

Dagegen wandten Einzelhändler und Handwerker ein, daß sie nicht Büroräume brauchten. Es sei auch ein Fall von Lebensqualität, wenn in Wohngebieten Handwerker arbeiten und der kleine Laden an der Ecke bequem zu erreichen sei. Bei den Läden habe es bereits 1991/1992 Mieterhöhungen um 90 Prozent gegeben. Heute sehen 40 Prozent der Einzelhändler im Osten in den Gewerbemieten eine Gefahr für ihre Existenz, berichtete Busch-Petersen. Nach der gestrigen Anhörung zu urteilen, gibt es in allen Fraktionen wie bei der PDS Abgeordnete, die das Projekt aus Berlin und Brandenburg unterstützen. Allerdings liegt es auch schon seit 1992 im Bundestag herum. Wieviele kleine Unternehmen in dieser Zeit wegen zu hoher Mieten aufgeben mußten, darüber gab es gestern keine Aussagen.

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