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  • Kultur
  • Purcell-Abend in der Berliner Staatsoper Unter den Linden

Donnerblech und Windmaschine

  • Lesedauer: 3 Min.

Man nannte und nennt ihn den „Orpheus Britannicus“ Henry Purcell, der vor 300 Jahren in London starb. Die Fakten seines nur 36jährigen Lebensweges sind spärlich überliefert. Seine Werke dagegen sind weitgehend und in reicher Zahl erhalten. Sie rückten Englands musikalische Geschichte zum ersten Male ins Licht der europäischen Öffentlichkeit. Eine beachtliche nationale musikalische Tradition und Entwicklung auf der Insel kulminierte in seiner Arbeit, bezog Anregungen der europäischen Umwelt mit ein. Vor allem: Technische Kunstfertigkeit verband sich mit neuem Ausdruckswillen, kühnem Umgang mit Klang, Melos und Harmonie. In zwei Jahrzehnten entstand da ein gewaltiges Werk. Seit ihm blieb der „englische“ Ton mit seinem trockenen Humor, seiner virtuosen Eloquenz, seinem dramatischen Sinn. Von Purcell profitierte der nächste große Musiker an der Themse, Mr George Frederic Händel aus Halle an der Saale, zumal mit seinen Volksoratorien. Zu ihm bekannte sich auch der Or-

pheus Britannicus unseres Jahrhunderts, Benjamin Britten.

In der Berliner Linden-Oper nahm man das 300-Jahr-Jubiläum zum Anlaß für einen Purcell-Abend der besonderen Güte. Das Haus, das seit einigen Jahren erfreuliche Vorliebe für „alte Musik“ zeigt, hatte dafür stilkundige und erfahrene Interpreten gewonnen: den RI-AS-Kammerchor Berlin unter seinem für dieses Metier besonders zuständigen Leiter Marcus Creed, dazu das in diesem Hause schon mehrfach erfolgreiche Concerto Köln, virtuos und kundig im Umgang mit solcher Musik, im Umgang mit alten Instrumenten, ihrer Spielweise.

Man bot Suiten aus den Purcell-Opernmusiken zu „King Arthur“ auf Dryden-Texte, zur „Elfenkönigin“ nach Shakespeare und, in konzertanter Gesamtdarstellung, Purcells einzige komplette Oper, „Dido und Aeneas“ Das Besondere dieses Abends: Alte Musik wurde präsentiert mit einer Lebendigkeit, einer Vitalität und Spiellust, die unmittelbar an-

steckte. Der deftige Ton der Tänze, der Orchestersätze, darunter köstlich schmetternde Fanfaren „In Praise of Britannia“, auf der anderen Seite die Anmut zauberhafter Vokal-Idyllen, die tiefempfundene Tragik um die vom Trojanerhelden Aeneas auf „höhere Weisung“ im Stich gelassene Karthager Königin Dido - das alles machte diese Interpretation auf sehr unmittelbare, drastische Weise lebendig. Bösartig meckern die Hexenchöre in „Dido und Aeneas“, Donnerblech und Windmaschine mischen kräftig in der Gewitterszene mit, liebevoll malen Vogelstimmen ländliche Idylle. Dazu leisten die Vokalsolisten Vorzügliches. Besonders bemerkenswert Alison Browner in den Liebes- und Klagegesängen der Dido, der Bariton Rüssel Smythe als energischer Aeneas, Ruby Philogene mit dunklem Mezzo als Zauberin, die vorzügliche Sopranistin Susan Gritton und der energische Tenor Jeffrey Francis in den Gesangssoli der Suiten.

HANS JÜRGEN SCHAEFER

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