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Kein Eldorado für westliche Kunsteinkäufer

  • HANNA NDLOVU, Johannesburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit einer Mammutschau, der Africus Johannesburg Biennale 1995, meldete sich im März die südafrikanische bildende Kunst nach jahrzehntelanger Abwesenheit infolge der über den Apartheidstaat verhängten UNO-Sanktionen in die internationale Szene zurück. Nur zehn Monate nach den ersten demokratischen Wahlen kamen 450 Künstler aus 61 Ländern der Erde - davon ein Drittel aus Afrika -, um ihre Arbeiten auf Straßen, Plätzen, in Galerien und umgebauten Fabrikhallen von Johannesburg und seiner Satellitentownship Soweto vorzustellen.

Die Inszenierung eines solch großen Kulturfestes, über 80 verschiedene Stellen verteilt, erschien manchmal verwirrend, ja auch chaotisch und unfertig - sie wurde in dieser Richtung heftig kritisiert -, aber sie war ein beeindrukkendes Erlebnis. Als erste Biennale im südlichen Afrika überhaupt wollte sie vor allem Experiment sein für das Aufeinanderzugehen von Künstlern und Kunst aus Afrika, Europa, Amerika und Asien. Und sie wollte insbesondere den bisher meist unbekannten bil-

denden Künstlern afrikanischer Länder Gelegenheit geben, sich und ihre Werke zu präsentieren. Das ist ihr weitestgehend gelungen.

Was die südafrikanischen Künstler schwarzer und farbiger Haut betrifft, so war das ihre erste große Anerkennung im eigenen Lande. Die etablierte südafrikanische Kunstszene ist noch immer konservativ-weiß und hat sich erst für wenige hochbegabte, aber unpolitische Kunstschaffende der anderen Ethnen geöffnet. Die typischen afrikanischen Kunsteinkäufer aus Europa und den Vereinigten Staaten, die afrikanische Kunstschauen nur nach naiven Bildern und Schnitzereien absuchen, kamen jedoch in Johannesburg nicht auf ihre Kosten. Die Mehrzahl der Künstler aus den vorwiegend südafrikanischen Ländern stellte sich geradezu avantgardistisch dar Es gab auch sehr politische Arbeiten, und es war oftmals auch eine kritische Einstellung gegenüber den westlichen Industrieländern mit ihrem vermarkteten Kunstbetrieb abzulesen.

Mich persönlich haben vor allem die Arbeiten aus Draht-

geflecht beeindruckt. Es gab sie von monumental bis winzig, als Skulpturen, Bilder und Reliefs zu nahezu allen Themen. Viele Künstler verarbeiteten Produkte der modernen Industriegesellschaften: Fernsehröhren, Transistorenradios, Benzinkanister, Auspuffrohre, Telefonhörer, Plastikverpackungen und was sich sonst noch auf Wegwerfhalden finden ließ:

Unter den politisch motivierten Kunstwerken dominierte eine 90 Meter lange Bildwand, die in einer umgebauten alten Fabrik aufgehängt war Der bekannteste Künstler Mocambiques, Malangatana

Ngwenya, hatte sie gefertigt. Er nannte sie Hommage an Joe Slovo, den vor wenigen Wochen verstorbenen Vorsitzenden der Südafrikanischen Kommunistischen Partei. Die Plastik, die ein angolanischer Künstler vor der amerikanischen Ausstellungshalle aufbaute, eine Beinprothese mit der Aufschrift „Kann jemand meinen Körper finden?“, sorgte allerdings für arge Verstimmung und mußte auf USA-Protest hin entfernt werden. Der Künstler hatte damit gegen die

langjährige militärische Unterstützung der USA für Savimbi und seine UNITA protestieren wollen.

So interessant und vielversprechend die Biennale auch für die Kunstszene Südafrikas war und immer noch ist - einige Ausstellungen laufen noch weitere zwei Monate -, der so intensive Versuch, Kontakte und Dialog vor allem der Künstler aus den anderen Kontinenten mit dem schwarzen Townshipvolk zu bieten, blieb in der Regel aus. Es wurden zwar weder Künstler noch Kunstwerke angegriffen, aber es gab sehr offene und harte Kritik an vielen Inszenierungen, die angesichts der Not und Armut der Bevölkerung zu aufwendig und zu teuer erschienen. Der dahingehende Vorwurf an die Veranstalter war jedoch unbegründet. Die Schau hat zwar rund sieben Millionen Rand verschlungen, das Geld kam jedoch mehrheitlich von den ausländischen Sponsoren, war an die Kunst gebunden und nicht auf soziale Aufgaben übertragbar. Angesichts der Vielzahl, Vielfalt und Qualität des Gebotenen waren die Kosten eher niedrig.

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