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14jähriger von Rechten überfallen

Nur drei Minuten in Marzahn unterwegs -17 Stunden in Lebensgefahr

  • Lesedauer: 3 Min.

Der 14jährige Alexander Pech aus Marzahn liegt seit Freitag nacht schwer verletzt im Krankenhaus. Noch am Montag war sein Bewußtsein gestört, er kann sich nicht erinnern, was ihm passiert ist. Am Freitag hatte er an der Marzahner Demonstration der Jugend gegen Rassismus in Europa teilgenommen.

Nur wenige Stunden nach der Demo gegen Rassisten und Faschisten war Alexander Pech von Nazis auf offener Straße überfallen und lebensgefährlich verletzt worden. Am Freitag abend gegen 21.45 Uhr hatte der 14jährige von seiner Wohnung in der Ludwig-Renn-Straße aus drei gleichaltrige Jugendliche, die wie er an der Demo teilgenommen hatten, zur Bushaltestelle in der Mehrower Allee gebracht, das sind nur drei Minuten Wegzeit.

In der Dämmerung erkannten sie zwei ältere Jugendliche mit Bomberjacken, die sich offensichtlich absprachen und dann schnell auf die Gruppe zukamen. Alexander warnte noch: Nicht provozieren las-

sen! Da waren sie auch schon da und rempelten zielgerichtet ihn an. Seine drei Begleiter, zwei Jungen und ein Mädchen, wurden von den Kahlrasierten in die Flucht geschlagen. Einer der 14jährigen trug dabei eine Augenbrauenverletzung davon. Er sah schließlich von der gegenüberliegenden Straßenseite aus, wie Alexander gekrümmt am Boden lag. Die Täter traten mit Turnschuhen auf seinen Kopf ein. Nach zwei Minuten waren die Nazis von der sonst menschenleeren Straße verschwunden.

Mit Ohnmachtssymptomen und aus dem Mund blutend, wurde Alexander zunächst von seinen Freunden wieder in die Wohnung gebracht. Seine El-

tern waren zu diesem Zeitpunkt nicht in Berlin. So organisierten die Jugendlichen über die eigenen Eltern ärztliche Hilfe. Eine inzwischen aus Hellersdorf eingetroffene Ärztin veranlaßte die Notaufnahme ins Lichtenberger Königin-Elisabeth-Krankenhaus. Dort bestätigte sich der Verdacht eines Schädelhirntraumas mit längerer Bewußtseinsstörung. 17 Stunden schwebte Alexander in Lebensgefahr In den Phasen, in denen er ansprechbar war, konnte er sich nicht erinnern, wer er ist und wo er wohnt. Vermutlich kam erst dann die Hirnblutung zum Stillstand. Spätere Folgen der Verletzung sind noch nicht absehbar. Bisher fehlt Alexander jegliche Erinnerung an den brutalen Überfall.

Wertvolle Zeit, in denen die Täter hätten gesucht werden können, verstrich, weil eine polizeiliche Anzeige bis zur

Rückkehr der schwer zu benachrichtigenden Familienangehörigen nicht möglich war In der Nacht zum Sonntag traf Alexanders Mutter, Bettina Pech (Mitglied des Abgeordnetenhauses, PDS-Fraktion), in der Klinik ein. Sie hält seitdem an seinem Bett Wache. Am Sonntag erstattete sie Anzeige gegen Unbekannt.

Alexanders Freunde beschreiben die Täter so: Beide kahlrasiert, etwa 1,90 m groß, Anfang bis Mitte 20. Einer trug ein Basecap. Beide hatten Jeans, Bomberjacken und weiße Adidas-Turnschuhe mit blauen oder grünen Streifen an. Die Farbe der einen Bomberjacke ist blau.

Übrigens: Unter den bekannten Naziadressen in Marzahn finden sich auch welche in unmittelbarer Umgebung der Wohnung von Alexander Pech.

HILMAR FRANZ

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