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Wurde Bautzen II bisher ^ehlbewertet“?

PDS-Fraktion in Sachsen will politische Gefangene der DDR historisch „einordnen“ Von MARCEL BRAUMANN, Dresden

  • Lesedauer: 2 Min.

Bautzen, die Stadt in der Oberlausitz, wurde geradezu zum Synonym für politische Strafjustiz und Menschenrechtsverletzungen in der DDR. Nun will auf Initiative der sächsischen PDS-Landtagsfraktion eine „Projektgruppe Sonderhaftanstalt Bautzen II“ vermeintlichen „einseitigen politischen und populistischen Sichtweisen“ auf das ehemalige Gefängnis entgegentreten. So formuliert es jedenfalls Michael Friedrich, innenpolitischer Sprecher der Fraktion.

Die Initiatoren, die laut Friedrich die Gründung eines Vereins anstreben, wollen bis Jahresende einen Zwischenbericht erstellen. Zu diesem Zweck hat sich eine Gruppe zu-

sammengefunden, die offen für weitere interessierte Zeitzeugen ist. Ihr gehören ehemalige Vollzugsbedienstete, Strafgefangene, Angehörige der einstigen Staatssicherheit sowie Historiker und Sachkundige an. Sie sollen, so Friedrich gegenüber ND, „herausarbeiten, was von Normalität über Exzeß bis Verbrechen in Bautzen II geschehen ist.“

Konsens der Projektgruppe ist einer Pressemitteilung der PDS-Fraktion zufolge die Ablehnung der gängigen These, Bautzen II sei gewissermaßen Beispiel für den „Unrechtsstaat DDR“ Der Bautzner PDS-Abgeordnete Sieghard Kosel sieht bisher gar eine „frevelhafte Fehlbewertung“ der Anstalt als „Stasiknast“ am Werk. Das Arbeitsprogramm der Gruppe, das ND vorliegt, orientiert da-

her auch auf die „Anzahl der Delikte, wo nachweislich Order vom oder Durchführung durch das MfS gegeben ist“

Vorbereitet wurde die Arbeit mit vier kleinen Anfragen zu Bautzen II an die Staatsregierung. In der Antwort zeigte sich Justizminister Steffen

Fällen zu einer Strafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden ist. Das alles nicht so schlimm gewesen sei, möchte Friedrich damit nicht gesagt haben. Die eigenbetriebene Aufklärung über Bautzen diene vielmehr der Erneuerung der PDS. Das Projekt könnte schnell zwischen allen Stühlen landen: Die Kooperationsbereitschaft ehemaliger MfS-Mitarbeiter ist bisher gering, räumt Friedrich ein.

Friedrich will keine Gegnerschaft zum Bautzen-Komitee, sondern „Wettbewerb der Perspektiven“ auf Bautzen II. Wer dort im berüchtigten „Tigerkäfig“ bei Hungerration und in Isolation dahinvegetierte, wird natürlich trotz aller historischen Erörterungen seine persönliche Sichtweise behalten.

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