nd-aktuell.de / 08.06.1995 / Politik / Seite 4

Hälfte des Einkommens für Miete

Mieterbund: Offizielle Statistik über Leerstände ist dummes Zeug

Von BERNHARD PRIESMEIER

Als „dummes Zeug“ stufte der scheidende Mieterbundprasident Gerhard Jahn die offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Lage auf dem Wohnungsmarkt ein. Vor Beginn des 55. Deutschen Mietertages in Hannover nannte Jahn es „unverantwortlich“, undifferenziert von 1,2 Millionen leerstehenden Wohnungen in Deutschland zu sprechen.

Gäbe es tatsächlich einen derartigen „Überhang“, müßten die Mieten nach den Gesetzen des Marktes sinken. Das Gegenteil sei indes der Fall. Für das untere Einkommensdrittel läge die Wohnkostenbelastung mittlerweile zwischen 30 und 5'0 Prozent des Monatseinkommens. Tatsächlich, so Jahn, gibt es in Deutschland einen ungedeckten Wohnungsbedarf von 1,5 bis 2 Millionen Wohnungen. Zumindest bis zum Jahr 2000 müßte deshalb der Bauboom von derzeit 600 000 neuen Wohnungen

jährlich fortgesetzt werden. Dem stehe die Kürzung der Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau von vier Milliarden DM im Jahre 1993 auf 2,9 Milliarden 1995 entgegen.

Jahn wertete es als Erfolg des Mieterbundes, daß beim jüngst beschlossenen Mietüberleitungsgesetz Mieterhöhungen und Modernisierungsumlagen in den neuen Ländern gesetzlichen Begrenzungen unterliegen. Unzufrieden sei man indes mit der unzureichenden Wohngeldregelung. Außerdem sei die Übergangs-

zeit von 2,5 Jahren zu kurz sie müsse fünf Jahre betragen. Die Kappungsgrenze für Modernisierungsumlagen gelte nicht für staatlich verordnete Modernisierung. Überhöhte Heizkosten würden nicht mehr wie bisher gekappt, dies würde zu zusätzlichen Belastungen für Mieter führen. Der Mieterbund fordert darüber hinaus, daß der besondere Kündigungsschutz der Mieter über den 31.12.95 um weitere vier Jahre verlängert wird. Zudem müßten ausreichende soziale Bindungen und Belegungsrechte im kommunalen Wohgeschaffen wer-/ersorgung einkommensschwacher Haushalte dauerhaft zu sichern. Jahn kündigte eine Aufklärungskampagne an, mit der der Mieterbund die Ost-Mieter über ihre Rechte informieren will.