nd-aktuell.de / 11.10.1995 / Kommentare / Seite 2

Wie geht s weiter in den Beziehungen? Interview mit dem russischen Vize-Kulturminister MICHAIL SCHWYDKOI

Prof. Dr. Michail

Schwydkoi (47) ist stellvertretender Kulturminister der Russischen Föderation und zuständig für Auslandsbeziehungen, Kulturabkommen und Rückführung von Kulturgütern. Seine Devisip: Es muß zu einem Kompromiß zwischen Patrioten kommen.

drucklich die von den beiden Regierungen zugespitzt behandelte Frage der Rückführung von im zweiten Welt-

krieg verbrachten Kulturgütern ausgeklammert. Wie, glauben Sie, läßt sich dieses Problem lösen?

Die Restitution ist meines Erachtens kein Problem der Kultur, sondern ein rein politisches. Die Entscheidung wird vom allgemeinen politischen Klima abhängen. Das Ministerium für Kultur hat eine ganz einfache Position: Wir müssen alle Kunstschätze zeigen, ob in Moskau oder in Berlin - die Menschen sollen sie sehen können. Ich glaube daran, daß die Vernunft siegen und eine Lösung gefunden wird, die für das deutsche wie das russische Volk gleichermaßen achtbar und für alle verständlich ist.

Wie werden sich die kulturellen Beziehungen zwischen

Rußland und Deutschland in Zukunft gestalten?

Ich denke, unsere deutschen Kollegen werden genug Weisheit besitzen, die Kulturbeziehungen nicht von den Restitutionsfragen bestimmen zu lassen, und meine Kollegen in Rußland, keine schroffen Bewegungen zu machen. Meine Interessen sind die Interessen Rußlands. Und das nationale Interesse Rußlands besteht darin, daß man gute, umfangreiche Beziehungen zu Deutschland hat. Das ist eine der Prioritäten in unserer Politik des 21. Jahrhunderts. Niemand möchte ein schlechter Patriot sein, weder der Russe noch der Deutsche. Es muß zu einem Kompromiß zwischen Patrioten kommen.

Über die Kultur lernen sich die Völker gegenseitig kennen. Konkret im Gespräch sind u.a. Gastspiele wie das des Berliner Ensembles und der Deutschen Oper in Moskau sowie des Moskauer Künstlertheaters und des Bolschoi-Theaters in Berlin. Ebenso eine große Ausstellung mit Beteiligung russischer, deutscher, amerikanischer und englischer Museen.

Gespräch: MARION PIETRZOK Foto: Maik Jespersen