nd-aktuell.de / 11.10.1995 / Politik / Seite 3

Diskussionen wurden lästig

Motiv für das Vorgehen der Bundestagsabgeordneten ist wohl der Überdruß, den ihnen die immer wieder aufflam-

mende Diskusion um ihre Bezüge bereitet. Die Grundgesetzautoren hatten den Parlamentariern lediglich in allgemeiner Form eine „angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung“ zugesprochen und hinzugefügt: „Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“ Gesetze aber macht der Bundestag, und damit war eingeräumt, daß die Abgeordneten letztlich über ihre Einkommen selbst entscheiden - allerdings unter den Augen einer kritischen Öffentlichkeit, die die Ansprüche der Volksvertreter an den Einkünften des Volkes selbst mißt und hierbei immer wieder Diskrepanzen feststellen muß.

Die Grundgesetzänderung sollte über eine klare Orientierung derartige Diskussionen ein für allemal beenden: „Die Abgeordnetenentschädigung bestimmt sich nach den Jahresbezügen eines Richters an einem Obersten Bundesgericht.“ Diese liegen derzeit bei 13 789 Mark monatlich; bis zum Jahre 2000 sollen sie auf 16 451 Mark steigen. Dementsprechend wollten sich die Abgeordneten noch 1995 fast 80

Prozent davon, also 11001 DM, zugestehen. Im Jahr 2000 sollten es dann annähernd 100 Prozent, nämlich 16 407 DM, sein. Dazu käme eine steuerfreie Kostenpauschale, die derzeit im Monat fast 6000 Mark beträgt, künftig aber entsprechend „der Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten und spezifischer Preisindizes“ angepaßt werden soll.

Als die Pläne in ihrer ganzen Tragweite bekannt wurden,

meldete sich allenthalben Widerspruch. Nicht nur der Bund der Steuerzahler, sondern auch Abgeordnete aus den Ländern - sie beziehen Diäten zwischen 1 920 DM (Hamburg) und 10 970 DM (Hessen) - kritisierten die Pläne zu einer Zeit, in der fast täglich Sparvorschläge für den sozialen Bereich in die Debatte geworfen werden. Besonders die SPD-regierten Länder formulierten immer offener Bedenken und desavouierten damit ihre Bundestagsfraktion, die sich zur Durchsetzung der Verfassungsänderung sogar in einer großen Koalition mit CDU und CSU zusammengefunden hatte, während die Freidemokraten - ohnehin „Besserverdie-

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sition bildeten.

same Kontrolle.“ Mit der automatischen Bindung der Diäten an Richtergehälter hätten sich derartige Beschlüsse erübrigt, die Kontrolle wäre zur Formalie verkommen.