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John Majors unruhige Träume

Sturmzeichen über dem Parteitag der Konservativen in Blackpool

  • Lesedauer: 2 Min.

Von Dr. LAN KING. London

Als in der Kafka-Erzählung Gregor Samsa aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich bekanntlich zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.

Als John Major Anfang Juli im Amt des Parteichefs der britischen Konservativen (Tories) bestätigt wurde, hoffte er, in einen strahlenden Prinzen und charismatischen Sieger verwandelt zu werden. Doch trotz des Sieges gegen seinen rechten Widersacher John Redwood ist Major weder Prinz noch Käfer geworden, sondern graue Maus geblieben. An unruhigen Träumen leidet er jedoch wie der Kafka-Held.

Jetzt muß der Premier seine Partei wieder zusammenkitten und ihr in Blackpool neue Hoffnung geben. Das dürfte ihm schwerfallen. Im Hintergrund beäugen sich die mißtrauischen Diadochen, Schatzkanzler Clarke und Verteidigungsminister Portillo, und der eitle „Erste Staatssekretär und Stellvertretende Premierminister“ Michael Heseltine lauert auf die endgültige Demontage des Chefs, um sich als Retter anzubieten. Kafkas Ungeziefer hatte zuverlässigere Freunde.

Kann sich Major wie 1994 Kohl durch einen kurzfristig inszenierten Aufschwung retten? Auch das sieht unwahrscheinlich aus. Die wirtschaftliche Erholung nach dem eher erzwungenen als erwünschten Austritt aus dem Europäischen Währungssystem ist abgeklungen, ohne in den Umfragen positive Spuren zu hinterlassen. Eigenheimbesitzer, die ihre Häuser nicht einmal mit Verlust wieder verkaufen können; von Pleiten bedrohte Mittelständler; Eltern, deren Kinder in überfüllten Schulklassen bei den Prüfungen scheitern; Rentner, die aus Angst vor Straßenraub sich kaum aus den eigenen vier Wänden trauen - alle haben nach sechzehn Jahren konservativer Herrschaft die Nase gestrichen voll. Kein Wunder, daß sogar mehr als vierzig Prozent aller Tories für die nächste Wahl schon alle Hoffnung verloren haben.

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