Lokale Zeitungen titelten bereits, die Stadt biete das Bild einer Festung. Polizei ist zusammengezogen. Man verteilt Flugblätter und warnt vor Störungen der öffentlichen Ordnung. Der Grund? Die Bundeswehr will ihren 40. Geburtstag feiern. Das erregt Protest. REIMAR PAUL berichtet.
Der Soldatengeburtstag soll am Donnerstag angemessen gefeiert werden. Annähernd 1500 Ehrengäste aus Militär, Politik und Gesellschaft sind von Kanzler Helmut und Gattin Hannelore zu einem Empfang in die Bonner Beethovenhalle eingeladen. Jüngsten, offiziell noch nicht bestätigten Informationen ist auch Atom-Tester Jacques Chirac dabei. Eingerahmt wird das Ganze von einem ökumenischen Militärgottesdienst, den die Bischöfe Dyba und Löwe Seit“ an Seit' in der Kreuzkirche abhalten wol-
len, sowie einem Großen Zapfenstreich im Hofgarten mit einigen hundert Soldaten, mit Kapelle, Fackeln, Helm ab und dem abschließenden Absingen der Nationalhymne. Das ZDF wird live übertragen. In den hinteren Ecken des Hofgartens sollen einige Quadratmeter für diejenigen Normalbürger abgesperrt werden, die dem Spektakel beiwohnen wollen.
Ihr Interesse, die Geburtstagsfeier mitzugestalten, haben indes vor allem anti-militaristische Parteien und Organisationen angemeldet. Jusos,
Grüne, PDS, Friedens- und Graswurzelgruppen, Studierende und kirchliche Basisinitiativen bereiten eine ganze Reihe von Protestaktionen vor. Ist doch die Wiederbelebung der Zapfenstreichzeremonie für das Bonner Friedensbüro, das die Aktivitäten koordiniert, „ein Angriff auf die Zivilgesellschaft, eine Provokation für unsere europäischen Nachbarn und ein fatales Zeichen für die Militarisierung der deutschen Politik“
Bereits für den heutigen Mittwoch lädt der AStA der Bonner Universität zu einem „Erstsemester-Camping“ auf der zur Hochschule gehörenden Hofgartenwiese ein. Motto: „Bundeswehr raus aus der Üni“ Am Donnerstag nach-
mittag soll am Kaiserplatz eine von Pax Christi vorbereitete Mahnwache stattfinden, um 18.30 Uhr am selben Ort die zentrale Protestkundgebung des Aktionsbündnisses. Sprechen werden unter anderen die Erste Bürgermeisterin Dorothee Paß-Weingartz (Bündnis 90/Grüne), der Weltkrieg-Deserteur, Schriftsteller und Bundestagsabgeordnete Gerhard Zwerenz und der Friedensforscher Andreas Büro.
Die Polizei, die sich auf den größten Einsatz der letzten Jahre vorbereitet, hat den Kaiserplatz für die Zeit der Kundgebung aus dem Sicherheitsbereich herausgenommen.
Einige Gruppen haben angekündigt, zum Hofgarten zu
ziehen, um ihren Unmut am Ort des Geschehens zu äußern. Zwar dürfen Transparente und Flugblätter mitgeführt werden; alles, was Krach machen kann, will die Polizei jedoch bei Einlaßkontrollen beschlagnahmen. Selbst Zwischenrufe oder Pfiffe, so die Einschätzung des Friedensbüros, dürften „Platzverweise“ zur Folge haben.
Auch auf politisch-administrativer Ebene sind die Bundeswehr-Gegner aktiv geworden. Die Bonner Grünen protestieren gegen die Teilnahme der Oberbürgermeisterin an dem Festakt in der Beethovenhalle, der AStA gegen die Bereitstellung des Hofgartens, christliche Gruppen gegen die Benutzung der Kreuzkirche für den Militärgottesdienst.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/576631.jahre-bundeswehr-n-in-bonn-ist-trillern-angesagt.html