nd-aktuell.de / 02.11.1995 / Politik / Seite 3

Ein Mann für die „Schöne“ und das „Biest“

Advokat Dr. Peter Danckert steht Deutschlands Steffi bei, verteidigt KoKo-Schalck und macht in Fleisch

Ein seltenes Bild, Danckert in Hektik

Foto: dpa

Die Nation leidet. So darf man mit unserer Tennis-Steffi nicht umgehen. Einfach gemein! Sagen die einen. Andere kaufen bunte Illustrierte, hoffend, daß Vorverurteilung aus jeder Zeile lugt. Haut ihn in die Pfanne! Der ist an allem schuld! So reagiert ein Teil unserer mehr oder weniger geschätzten Nachbarschaft, taucht Schalcks Name in Schlagzeilen auf. Er gilt noch immer als personifiziertes

DDR-Unrecht. Doch die erste Prozeßrunde quält sich fast zuschauerlos durch den großen Saal im Gerichtsgebäude von Berlin-Moabit.

Was verbindet die „Schöne“ und das „Biest“? Was teilen die zarte Steffi und der wuchtige Alex miteinander? Den Sachverstand von Dr. Peter Danckert, Rechtsanwalt und Notar aus Berlin. Mit ihm sprach RENE HEILIG.

„Schalck ist ein Mandant, einer von den interessanten, aber mehr ist da nicht.“ Das „mehr ist da nicht“ soll dem Journalisten sagen: Laß' mich doch mit dem Thema Moksel in Ruhe. Ist ja gut, vor eineinhalb Jahren sei er da als Vorsitzender des Aufsichtsrates eingestiegen. Weil zwei Bewerber sich nicht einigen konnten. Alle anderen Vermutungen seien fehl am Platz. „Die Aktionäre wählten mich doch nicht, weil der Herr Schalck das wollte.“ ^ls Wahlmotiv der Anteilseigner ist schlicht Geld zu vermuten. Die Moksel AG in Buchloe stand damals mit rund 513 Millionen D-Mark in der Kreide. Da wiegt Danckerts „gewisse Kompetenz“ schon.

Obwohl: „Ich habe mir vieles erst aneignen müssen.“ Gleichsam als Beweis doziert er etwas über „Marktbereinigung, Sicherung des Eigenkapitals, über interne Restrukturierungs- und Sanierungsphasen...“ So ein, zwei Jahre wird er das noch machen. Und noch einmal, im Diktattempo: Mit Schalck, der eines Tages im Dezember 1989 als „republik-

Warnemünder Neptun-Hotel ans Bein. Danckert faßt zusammen: „Sie sehen: Manche Mandate habe ich wegen Schalck bekommen und manche trotzdem ich ihn vertrete.“

Das jeweilig Zutreffende ankreuzen? Aber nein. Der Rechtsanwalt hat beispielsweise „nie persönlich etwas zu tun gehabt“ mit Michael Wischnewski. Der Chef von FC Gerlach (was bekanntlich kein Dorfliga-Kickerverein war, sondern eine Firma in der Nähe des Schalck-Imperiums) ist inzwischen nach Israel ausgereist. Die Sache sei von einem Kollegen aus seiner Kanzlei vertreten worden. Über einen „Ausgleich“, den ihr Mandant mit dem Staate getroffen haben soll, wiü Danckert freilich nichts wissen. Das ist auch im Falle Günter Forgber so, der gleichfalls eine KoKo-Firma hielt. Auch MfS-General Harry Schutt wurde von Anwälten aus der Budapester Straße vertreten. Ja und?

Die Danckerts sind seit 1839 mit der Justiz verbandelt und Anwälte seit über 60 Jahren.

sönlichkeitsfördernd nennen darf.

Danckert hat nichts gegen den Begriff „Elite“, nur werde er meist so einseitig im falschen Sinne einer bestimmten Kaste verstanden. Die das tun, tun so, als gehörten sie dazu. Wenn man Danckert einmal sauer erleben will, dann muß man nur parlamentarische Untersuchungsausschüsse loben. Als er mit dem Mandanten Schalck in Bonn vor die gewählten Frager trat, hatten die ihre Meinung längst gebildet. Je nach parteipolitischer Opportunität. „Argumente, Fakten waren kaum gefragt.“

Das steckt er weg. Er ist ja schließlich wer Aus Vaters kleiner Praxis ist eine „Rechtsklinik“ geworden. Die läuft gut, man glaubt es ungeprüft, schaut man mal kurz im Büro vorbei. Alles sachlich, sauber, gar nicht billig eben. Kunst an der Wand, die Teppiche liegen gleichfalls ausgestellt. Dezenter Hinweis an der Wand, wo es mehr davon zu sehen gibt. Äußerlichkeiten.

Erfolg stellt sich ein „dank vieler Spezialisten.“ Danckert vermag offenkundig individuelle Stärken seiner 15 Kollegen und deren Mitarbeiter einzusetzen.

Danckert ist ein Arbeitstier. Dabei zählt nicht, wieviel Zeit er im großzügigen Büro am Berliner Zoo verbringt. Danckert braucht das Kräftemessen, spielte darum in der Jugend Rasenhockey, joggt jetzt abends noch jeweils eine halbe Stunde, ißt was schmeckt, doch das - die Hand streift über das gewölbte Oberhemd - mit Vernunft. Mari 1 trifft Danckert, wenn Schumi über deutsche Formel- 1-Pisten jagt und Maske den Gentleman in den Ring reinläßt.

„Einmal schau ich mir solche Sachen gerne an.“ Und das war's denn schon. Die flapsige Frage nach Tennisfreikarten wird nur mit tiefem unwilligen Schnaufen bedacht. Dafür erfährt man, Pferdesport sei auch nicht ohne. Im Brandenburgischen pachtete Danckert sich ein Gestüt.

Vor allem aber ist er Jurist, promoviert, cheferfahren und

mit Durchblick in jener dunstig-rätselhaften Zone, die vereinte Politik und Wirtschaft um sich schaffen. Ist da keine Lust, sich mal richtig einzumischen? Gerüchte wissen, als Justizsenator von Berlin hat man ihn einmal schon gehandelt.

„Ja und? Jeder, der in einem politischen Gemeinwesen wie ßerlin lebt: ?;und ,.gesun*d ist, müßte,, ,«grundsätzlich,,;..bereit sein, für eine Übergangszeit von vier, sechs Jahren seine Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen.“ Das Berliner Wahldebakel hat Danckert vorausgesehen. Nun sei es doch wohl nicht zuviel verlangt, daß die Politiker Konsequenzen ziehen.

Welche? Fachleute in die Ämter, Laienspieler einen Schritt zurück? „Fünf Schritte, falls die reichen!“ Und Fachleute allein sind auch zuwenig. Persönlichkeiten braucht die Stadt. „So lange Politiker austauschbar sind, sollte man sich

nicht wundern, wenn Wähler entsprechend reagieren.“

Im Land Berlin sind die politischen Totenmessen alle längst gesungen. Die Zukunft, Danckert betont das, liege nur in einem neuen Bundesland: Berlin-Brandenburg genannt. „Wenn das ein CDU-SPD-Senat zustande bringt - bitteschön.“ ( Mit aller Vorsicht nachgefragt: : Was'wäre“; wenn dereinst das < neue Land nach Persönlichkeiten sucht? Antwort: „Das wäre schon eine reizvolle Aufgabe.“ Nun dann, vielleicht auf irgendwann. Noch fordern ihn Prozesse und die juristische Unschuld - „davon hat jeder bis zum Beweis des Gegenteils auszugehen“ - unserer Tenniskönigin.

Heute wird der Vorsitzende Richter in Moabit zum x-tenmal ins Protokoll diktieren: Erschienen ist der Angeklagte Dr Schalck mit seinem Rechtsbeistand.