nd-aktuell.de / 02.11.1995 / Politik / Seite 7

Und Hamas?

Hamas hat sich vom Terrorismus abgewandt, auch weil man ein sehr starkes Interesse daran hat, diese Wahlen über die Bühne gehen zu lassen. Man will die wahren Kräfteverhältnisse im palästinensischen Lager ermitteln, wirft man doch Arafat vor, er habe der israelischen Seite zu viele Konzessionen gemacht. Hamas ist aber keine geschlossene Organisation, es gibt verschiedene Flügel, so daß nicht ganz auszuschließen ist, daß es doch wieder zu Terrorakten kommt.

Werden die Bedingungen des in Taba vereinbarten Friedens eingehalten?-Oder versucht Israel zu „mogeln“?

Taba ist ja noch stark geprägt durch die israelische Handschrift. Das meint besonders die Sicherheitsaspekte: Die Israelis werden bis Anfang nächsten Jahres sechs Städte der Westbank räumen - und dann? Das Straßennetz, auf dem sich jüdische Siedler bewegen, wird noch weiter ausgebaut. Bis dahin kontrolliert die Ar-

mee ganze Abschnitte. Es bleibt auch 1996 schwierig für die Palästinenser, sich in der Westbank von einem Ort zum anderen zu bewegen. Die Israelis brauchen gar nicht zu „mogeln“, sie sind die Stärkeren. Denken Sie nur an Hebron, wo sie gezeigt haben, daß sie sich nicht zu Konzessionen drängen lassen werden. Auf Straßen des Westjordanlandes sollen ja künftig palästinensische und israelische Armeepatrouillen Streife fahren. Liegen hier nicht schon wieder Keime neuer Konflikte?

Palästinensisch-israelische Patrouillen sind kein Problem, wenn die Politik deutlich machen kann, daß der Prozeß weitergeht. Für die Palästinenser muß die Perspektive sichtbar sein, eines Tages jenseits dieser gemischten eigene, palästinensische Patrouillen in ihrem Staat zu haben. Minen liegen überall, sie können aber entschärft werden, indem Israel den Palästinensern die ganz große Perspektive eröffnet: den palästinensischen Staat. Konflikte wird es auch künftig geben, und sie können eskalieren, wenn jetzt nicht weiter verhandelt wird.

Welche Hilfe hat Israel von Deutschland' zu erwarten? Dort hat man ja positiV re-' gistriert, daß Damaskus zwar wirtschaftliche Unterstützung zugesagt wurde, aber erst nach einem Friedensschluß.

Das stimmt nicht ganz. Es gibt durchaus Formen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Syrien. Das Problem ist: Die Syrer sind gar nicht in der Lage, so viele Projekte zu formulieren, wie wir ihnen Geld angeboten haben. Ansonsten werden wir uns vor allem stark machen, daß Hindernisse in den Beziehungen zwischen der EU und Israel abgebaut werden. Auch die Israelis sind ja mittlerweile sehr viel nüchterner geworden: Sie sehen, daß deutsches Geld in Palästina durchaus gut angelegt ist, auch wenn es nicht direkt in israelische Kassen fließt.