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Ballroom, singende Kantoren, Filme

Gesehen Entertainment als Fassade 3000jähriges Jerusalem präsentiert sich zu den 9. Jüdischen Kulturtagen

  • Lesedauer: 2 Min.

Wer sich aufmacht, die jüngste Inszenierung „Facade“ im Kunsthaus Tacheles zu genießen, der wird seinen Augen und Ohren zunächst nicht trauen wollen. Das Tacheles scheint in die Jahre gekommen, kunstautonomer Anspruch, aufmüpfige, wjderborstige Experimenteure und Provokateure sind dem Entertainment gewichen. Denn nichts anderes veranstaltet das unterhaltsame Duo Eve Slatner und Jon Flynn im maroden Interieur der Tacheles-Bühne, und das steht der Örtlichkeit nicht schlecht zu Gesicht.

Was heute unter Entertainment abgetan wird, war es in den 20er Jahren in England keineswegs, als William Walton den Gedichtzyklus „Facade“ von Edith Sitwell vertonte. Die Sitwell berichtete, daß „die erste Veröffentlichung, im Aeolian Hall,“ alles andere als friedlich war. „Niemals, will ich meinen, ist ein größerer und imposanterer Sturm von Ziegelbrocken auf ein neues Werk geschmissen worden“ Ihr Partner Osbert erzählte: „Wochenlang waren wir gezwungen, um London herumzugehen, als ob wir einen Mord begangen hätten“. Das einstmals skandalträchtige Werk ist nun unter der Leitung von Dominic Sargent erstmals in Berlin zu erleben.

Im Tacheles bleibt der Skandal aus. Was einst als Avantgarde erschien, nimmt sich heute fast klassisch aus, ist erholsam inmitten der Techno-Mühen des Alltags. Die Bühne, auf der Slatner und Flynn agieren, ist klein gehalten und sparsam ausgestattet. Ein Tischchen in der Mitte, zwei Stühle drumherum. Die Protagonisten füllen den riesigen Raum mit Stimme und Mimik. Der englische Text, der auf Grund vieler Sprachspiele schwer zu verstehen ist, ordnet sich stimmlich in das^rche* fter, das „unter“ der Bühne sitzt, Wie ein Instrument ein. Musik und Text verweben sich. Der Rhythmus wechselt zwischen Leichtigkeit und Schwere. Doch immer spürt man Spaß, Ironie, englischen Humor. Slatner, Flynn und das „ensemble musicly speaking“ sind Unterhaltung, ohne das allein zu sein - Entertainment ist Fassade.

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